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Kultur: Wie die Illusion auf die Bühne kommt

Beim morgigen Theaterfest stellen Schauspieler und Handwerker ihr Hans Otto Theater vor

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Wer ins Theater geht, sucht die Illusion. Mit dem Schließen der Saaltür lässt er die echte Welt draußen und lässt sich ein auf das, was man dort für ihn vorbereitet hat. Doch das, was man ihm dann präsentiert, ist nur ein kleiner Teil all dessen, was wirklich zu dem Unternehmen Theater gehört. Denn „hinter den Kulissen“, wie es immer so schön heißt, ist ganz schön viel los. Hier befindet sich die ganze Maschinerie, Motor und Steuerung dieser zauberhaften illustren Welt in einer Nußschale.

Wenn am morgigen Sonntag die neue Theatersaison mit einem Fest beginnt, ist dieser Motor längst warm gelaufen. Die Zuschauer sind eingeladen zu entdecken, was alles vonnöten ist, bevor sich der Vorhang hebt. Die PNN werden in der neuen Saison genauer hinter die Kulisssen des Theaters blicken. In einer Serie stellen wir einzelne Werkstätten und Mitarbeiter vor, begleiten ein Kostüm vom Entwurf bis zum Auftritt und erzählen von der Arbeit derjenigen, die nicht im Rampenlicht stehen, aber am großen Räderwerk, das Theater heißt, mitwirken.

Theaterfestbesucher bekommen bereits am morgigen Sonntag einen Eindruck davon. Dann finden mehrere Führungen durch die verschiedenen Abteilungen und Gewerke statt: Kostümbild, Schneiderei und Wäscherei, Schumacher, Deko-Werkstatt, Malsaal, Theaterplastik, Tischlerei, Schlosserei und Requisite. Das Hans Otto Theater leistet sich eigene Werkstätten, heute schon etwas Besonderes. In Potsdam bleibt alles im Haus. Von 160 festen Mitarbeitern sind nur etwa 25 Schaupieler. Die einzelnen Handwerker könnten sich gut miteinander abstimmen, sagt Pressesprecherin Stefanie Eue. Sie erklärt auch, wozu ein Theater sechs Wochen Sommerpause braucht: Die Bühnentechnik wird dann gewartet, die Beleuchtung durchgesehen. Manchmal finden Reparaturen statt, die unter normalem Spielbetrieb nicht möglich wären. So wurde 2014 im Sommer ein Teil des Bühnenbodens erneuert. Es findet eine Grundreinigung statt. Der Kostümfundus, zehntausende Einzelstücke vom Handschuh bis zum Mantel, wird durchgesehen und aussortiert. Bei Bedarf wird der Kammerjäger bestellt, falls sich Schädlinge wie Kleidermotten eingenistet haben und entdeckt werden.

Das Theaterfest findet in dieser Form zum vierten Mal statt. Etwa 3500 Besucher werden erwartet. „Wir wollen Familien mit Kindern ansprechen, alte Theaterbesucher einladen, mal wieder vorbeizuschauen und neue Fans gewinnen“, sagt Stefanie Eue. Auch die Mitarbeiter des Hauses haben ihren Spaß dabei. „Wir stülpen uns praktisch um, das sonst Unsichtbare wird für einen Tag sichtbar.“

Von 13 bis 19 Uhr finden Führungen durch das ganze Haus statt. Treffpunkt ist jeweils im Foyer, wo sich die Werkstätten bereits mit ihrer Arbeit vorstellen. Dort werden auch Kostüme verkauft, die der Gewandmeister ausgesucht hat. Was einst auf der Bühne getragen wurde, kann man für die nächste Karnevalssaison erwerben. Manches ist fast alltagstauglich, für Individualisten allemal: Zum Beispiel der Fell(imitat)-Mantel aus „Ronja Räubertochter“ oder ein schwerer Samt-Gehrock aus „Amadeus“.

Außerdem werden die passenden Schuhe ausgestellt, Männerpumps in Größe 44 oder diverse Tierfüße, von Schuhmacherin Claudia Papke hergestellt. In der Schneiderei kann man sehen, mit welchen Kniffen die fantasievollsten Kostüme entstehen. Nichts, was es nicht gibt, Tierkostüme zum Hineinschlüpfen oder nur einzelne Körperteile, Ohren, Brüste. „Wir machen alles“, sagt Kostümschneiderin Angelika Diedrich.

Bis 18 Uhr kann man sich auf und hinter der großen Bühne umsehen, Technik, Licht und Ton kennenlernen. Requisiteur Robin Struhl zeigt, wie man früher mit einem Donnerblech arbeitete, während heute alles vom Band kommt. Und erklärt die Arbeit der Requisite: Alles kleinteilige Zubehör muss er beschaffen und vor der Aufführung an den verabredeten Ort legen, damit der Schauspieler es findet, wenn er es braucht. „Wir besorgen Pistolen, Blumen, Zigaretten oder Kotze“, sagt Struhl. Letztere macht man am besten aus Haferflocken und fettarmer, eingefärbter H-Milch.

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