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Potsdam Museum zeigt Schau moderner Künstlerinnen: Wilde Frauen

Das Potsdam Museum feiert in seiner Jahresausstellung 18 Künstlerinnen der Moderne – allen voran eine Potsdamerin. Was den Besucher erwartet.

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Potsdam - Kandinsky, Chagall, Kokoschka – die Männer zählen heute zu den ganz Großen der Kunstgeschichte. Sie gelten als jene, die vor rund 100 Jahren die Malerei radikal revolutioniert haben. Tatsächlich waren aber in den Ausstellungen des „Berliner Sturm“ – nach der von Herwarth Walden gegründeten avantgardistischen Zeitschrift und später auch der Galerie benannt – auch ungewöhnlich viele Frauen vertreten. Vor allem wenn man berücksichtigt, dass sie sich damals gerade erst den Zugang zu den Kunsthochschulen hart erkämpft hatten. Insgesamt waren zwischen 1910 und 1930 über 20 Künstlerinnen an „Sturm“-Ausstellungen in Berlin und im europäischen Ausland vertreten.

Unter ihnen auch Magda Langenstraß-Uhlig – eine der ersten Frauen übrigens, die in Deutschland ein Kunststudium abschloss. Nachdem ihr Mann – der Arzt Karl Langenstraß – sich ohne sie in die USA abgesetzt hatte, ließ sie sich mit ihren beiden Töchtern in Bergholz-Rehbrücke nieder. Dass sie sich gegen das wilde Berlin und für die Ruhe der Künstlerkolonie entschied, hinderte sie allerdings nicht daran, weiter zu experimentieren – und zu ganz neuen Formen der Malerei durchzudringen.

Lazarettbilder und Naturstudien in Rehbrücke: Potsdam Museum zeigt Langenstraß-Uhligs Werke 

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Einen breiten Überblick über ihr Schaffen – von den Lazarettbildern, die sie an der Seite von Karl Langenstraß während des Ersten Weltkriegs gemalt hatte, über Naturstudien in Rehbrücke, ihre expressionistischen Bilder, bis hin zu ersten Versuchen zur Neuen Sachlichkeit – gibt es seit heute im Potsdam Museum zu bestaunen. Neben den 110 Werken von Magda Langenstraß-Uhlig werden dort auch viele ihrer Zeitgenossinnen gezeigt: Jacoba van Heemskerck, Julie Wolfthorn, Sella Hasse und Käthe Kollwitz sind nur einige davon. Die Schau ist in mehrere Sektionen gegliedert: Während das Erdgeschoss ganz dem Leben und den Schaffensphasen der Potsdamer Künstlerin gewidmet ist, geht es im ersten Stock thematisch weiter.

Alles beginnt dort mit dem Krieg. „Für die Künstlerinnen stand nicht die Front im Vordergrund, sondern die Auswirkungen von Trauer und Verlust auf die Zivilgesellschaft“, sagt Jutta Götzmann, Direktorin des Potsdam Museums. Die verzweifelt „Klagenden“ von Sella Hasse hängen da neben der kummervoll versunkenen, tiefschwarzen „Witwe“ von Käthe Kollwitz. Magda Langenstraß-Uhlig sticht ein wenig heraus, sie war von all ihren Kolleginnen vielleicht am nächsten an der Front – eben in den Lazaretten, die sie mit ihrem Mann abklapperte.

Jetzt wollten sich alle austoben

Schon hier ist erkennbar, mit welcher Lust die Frauen experimentierten: mit der aus der russischen Avantgarde stammenden Hinterglasmalerei oder mit neuen Aquarelltechniken. Im zweiten Abschnitt – hier hängen sich Landschafts- und Seebilder gegenüber – setzt sich das fort mit den bis zur abstrakten Grafik stilisierten Segelschiffen von Jacoba van Heenskerck. „Schiffe“, so Götzmann, „stehen ja immer für den Aufbruch.“ Der greift dann im nächsten Raum wild um sich: Hier dreht sich alles um den Tanz, die 1920er-Jahre, den berühmt-berüchtigten Luna-Park in Berlin-Halensee. Nachdem während des Ersten Weltkrieges Tanz- und Spielverbot geherrscht hatte, wollten sich jetzt alle austoben.

Die Künstlerinnen feierten diese Ausgelassenheit einerseits in farbsprühenden Arbeiten, kritisierten aber auch die Dekadenz, die damit einherging. Gerade bei Sella Hasses „Straßenmusikanten in Paris“ ist diese zweite Dimension – die Armut – gut sichtbar. Ihre Sozialkritik setzt sich auch im vorletzten Teil der Ausstellung, dem zur Technik, fort: „Rhythmus der Arbeit“ heißt hier eine düstere Serie von Drucken. Immer aber – und das fängt der letzte Teil zum Thema Porträt gut auf – ging es den „Sturm“-Frauen um den Menschen. Auch deshalb greifen ihre Bilder noch 100 Jahre später dem Betrachter direkt ins Herz.  

Die Ausstellung „Künstlerinnen der Moderne – Magda Langenstraß-Uhlig und ihre Zeit“ ist bis zum 31. Januar 2016 im Potsdam Museum, Am Alten Markt 9, zu sehen.

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