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Kultur: Willkommen und Abschied

Bekömmliche Appetithäppchen zum Theaterfest in der Schiffbauergasse

Stand:

Bekömmliche Appetithäppchen zum Theaterfest in der Schiffbauergasse Selbst der Mond spielte mit: bei dieser klangreichen „Inszenierung“, die nicht müde wurde, mit ihren Pfunden zu wuchern. Um die „Titelfigur“ Theater rankten sich am sonnigen Samstag ideenreich auch die anderen Protagonisten der Schiffbauergasse, um zu beweisen, dass an diesem wasserbeseelten Ort die Kulturwogen noch oft hoch schlagen werden. Für die nur mäßig erschienenen Besucher des Theaterfestes gab es rund um das neue Theaterhaus im schwarz-roten Industriehallendesign gekonnt zubereitete Appetithäppchen. Da animierten die TanzAttacken der fabrik zum Mitmachen, erzählte das T–Werk zum Gruseln schöne Märchen, führte das Waschhaus auf ungewöhnlich-eindrucksvolle Graffiti-Wege, kam das weiß-pink-farbige Abendkleid von Desiree Nick unter den Hammer . Und immer wieder stieß man bei seiner etwas holprigen Umrundung der Theater-Baustelle – die sich für diesen Tag eher unaufgeräumt als besucherfein zeigte – auf ungewöhnliche „Paare“. Sie übten sich à la Loriot bei der „Liebe im Büro“, spielten die verkniffenen „Helden“ auf der Fußball-Reservebank oder bekannten: „Manche mögen’s heiß“ – kurzweilig-unterhaltsame Einsprengsel, die die Schauspieler lustvoll an Mama, Papa, Kind und Hund weiter reichten. Pünktlich zur Spielplanvorschau sagten die Kulturhungrigen den wärmenden Sonnenstrahlen ebenso wie den leckeren Fischbrötchen erst einmal adé und begaben sich in die Reithalle A, die sich bis auf den letzten Platz füllte. Hier läutete Intendant Uwe Eric Laufenberg den Countdown der Blechbüchse ein: „In 369 Tagen, also am 22. September 2006, wird das neue Theater eröffnet. Mit drei Premieren “ – so seine frohe Kunde. Dass es bis dahin nicht langweilig wird, ließ die von Laufenberg im netten Plauderton moderierte Spielplan-„Stippvisite“ ahnen. Erst einmal trudelten drei Groschen auf die Bühne, zeigte der Haifisch seine Zähne. Ab 1. Oktober wird er es dann in Brecht/Weills „Dreigroschenoper“ in der Blechbüchse tun, deren letzten Stunden geschlagen haben. Noch einmal heißt es für Theater und Publikum allerdings „unterwegs“ zu sein: an verschiedenen Spielstätten. Dass dieses Konzept aufgeht, bewiesen die zumeist ausverkauften Aufführungen im Palais Lichtenau, in der Französischen Kirche und in der Orangerie – allesamt wieder mit dabei. Neu im „Wander-Theater“ ist der Treffpunkt Freizeit: In ihm wird es die Premiere von „Hubertushof“ geben, „eines der vielen guten Stücke, die mein Vorgänger Ralf-Günter Krolkiewicz schrieb“, so Laufenberg. Eine Leseprobe von Sabine Scholze und Rahel Ohm machte schon mal neugierig auf dieses „nach Potsdam gehörige Stück“, in dem es um ungeklärte Besitzverhältnisse gehe. Um auf die Inszenierung „Amadeus“ im Schlosstheater einzustimmen, gab es einen Zuschauerquiz, in dem erkannt werden musste, ob die vorgespielte Musik von Salieri oder Mozart sei. Alle Antworten waren richtig. Bei so einem musikversierten Publikum dürfte das Theater auch mit der Mozart-Oper „Titus“ offene Türen einrennen, für die es ohnehin nur wenige Aufführungen gibt (ab 1. Oktober im Vorverkauf). Überraschungsgast der Präsentation war Angelica Domröse, die in der Inszenierung „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ in Potsdam zu sehen sein wird: Im Haus Zimmerstraße, das ebenfalls zu seinem Abgesang bestellt ist, bevor es in die Hand der Schlösser-Stiftung übergeht. Angelica Domröse war noch aufgewühlt von der Beerdigung Ekkehard Schalls, bei der sie zuvor war. Für sie sei Schall einer der großen Schauspieler, die viel zu schnell vergessen seien. Und da klang wohl auch etwas von dem eigenen Erleben mit. „Schon mit 50 ist man im Fernsehen nicht mehr gefragt. Und ich bin 60“, so die herausragende Schauspielerin, die sich jetzt wieder vor einem Anfang sieht, da sie nahe Berlin Theater spielen könne. Ob Johann Kresniks Auseinandersetzung mit Hans Otto, Amina Gusners eigenwillige Sicht auf „Hedda Gabler“, die Uraufführung von „Veronika beschließt zu sterben“ – der Gang ins Theater verspricht auch schon ohne Neubau wieder spannend zu werden. Für die Großen wie für die Kleinen. Denn eine wichtige Säule ist das Kinder- und Jugendtheater, das mit der „Kuh Rosemarie“ die Spielzeit bereits eingeläutet hat. Aber auch auf „Zwerg Nase“, dem Weihnachtsmärchen, darf man sich freuen oder auf das in Auftrag gegebene Jugendstück „About a Band“, an dem Nick Wood derzeit schreibt. Bei der nächsten Spielplanvorschau kann das „kleine“ Theater in der Reithalle dann das „große“ nebenan willkommen heißen. Heidi Jäger

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