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Kultur: „Wir sind alle Engel“

Theaterstück zum Advent in St. Peter und Paul

Stand:

Theaterstück zum Advent in St. Peter und Paul Nicht äußere Bedrängnis schafft dem Herrn Wienkowski Unzufriedenheit, er hat ja alles, eine glückliche Familie mit fünf Kindern, Wohlstand und Job. Nur, ausgerechnet jetzt, in der Adventszeit, verspürt der Statiker sein burn out, beim Einkaufen von Weihnachtsgeschenken. Er braucht „was Handfestes“, gegen das Absaufen in dieser Warenglitzerwelt, eine unbenannte Sehnsucht treibt ihn um. So begann das von Annette Edenhofer geschriebene Stück „Der Engel des Herrn Wienkowski“ (Idee von Mathias Marx), das am Sonntag in der mehr als gutbesuchten Propsteikirche S. Peter und Paul zur Aufführung gelangte. Ausstattung und Besetzung dieses Laienspiels dürfen opulent genannt werden: Etwa 30 Mitwirkende, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, gaben vor dem Kreuz und auf einem Steg im Mittelschiff eine leicht modernisierte Fassung der Weihnachtsgeschichte, mit aller Leidenschaft. Dazu war ein musizierfreudiges Quintett sowie Chorgesang aus jungen Kehlen ( Leitung Martin Reiche) zu hören, besonders das leitmotivische „Wir alle sind Engel“ (Text und Melodie Dirk Michael Steffan aus dem Musical „Der Geist der Weihnacht“ nach Dickens). Darum ging es ja: Als Herr Wienkowski (Tommy Hinkelmann) die hoch aufstrebende Leiter emporsteigt, erscheint ihm ein Engel mit den Worten „Was suchst du hier, der Himmel ist in dir!“ Aus dem Off hört man ein Kind von einer ähnlichen Begegnung erzählen, doch die Mutter wiegelt ab: Das hast du dir doch nur eingebildet ... Wienkowskis Engel (Katharina de Vette) trägt „richtige“ Flügel und ein weißes, kurzes Reifröckchen. Ihm gesellen sich mit Brigitta Truxa und Markus Woitynek zwei weitere beratend dazu, wobei man in der Atemszene einen leicht esoterischen Hauch zu spüren vermeinte. Es ist Nacht, als sich der einsame Protagonist auf den Weg macht, einer Gruppe recht roher Hirten (die sich gar nicht darum reißen, dem Licht der Geburt Christi nachzugehen), spielenden und suchenden Kindern begegnet, als hätten sie ihren Himmel gefunden, tanzenden Mädchen. Aber auch Einsamkeit, Irrtum und führenden Rat durch den so herrlich naiven Engel Wienkowskis kennt die aufwändige Produktion, damit das gesuchte Licht in der Hauptfigur angehe. Sie heilt den gebrochenen Flügel seines Begleiters, ein Kind erscheint wie Jesus, man hört ins Publikum rufen „Macht es wie Gott, werdet Mensch!“. Dem Drängen junger Leute ist es eigen, kaum einen Einfall wegzulegen, und so war es auch hier des Guten manchmal zuviel: Nicht alle Szenen wollten sich dem Ziel des Unternehmens (Gesamtleitung Annette Edenhofer, Mathias Marx) unterordnen, die Filmprojektionen von Krieg und Gewalt wirkten etwas bemüht, und Tommy Hinkelmann spielte weniger, was in ihm vorging als das, was er gerade war. Auch brauchte es mehrere „Zeitsprecher“ für einzelne Sätze nicht. Natürlich geschahen auch Wunder: Der Kidnapper (Matthias Ingenlath) verwandelt sich in einen reuigen Sünder, welcher seinem Opfer eine Rose überreicht, eine zischende Warteschlange schenkt der mittellosen Angela Himmelreich (Christiane Erning) Geld für ein Kino-Billett. Das Spiel hatte einen guten Atem, Ideenfülle, Pfiff und jenen Geist, aus dem man erkennt: Weihnachten ist mehr als Gänsebraten und Lametta. Engel („haben kein Handy“) sind wahr, sie führen den Menschen, welcher geführt werden will. Folgerichtig also, wenn zum Finale die ganze Kirche in das schöne Lied „Wir alle sind Engel“ einstimmte, denn so hat es Jesus selber gesagt. Gerold Paul

Gerold Paul

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