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Kultur: „Wir sind jetzt richtig angekommen“

Die Kammerakademie will verstärkt als musikalischer Botschafter für Potsdam werben

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Die Kammerakademie will verstärkt als musikalischer Botschafter für Potsdam werben „Lieber Herr Rainer, Liebe Musiker! Das war die schönste Musikstunde die ich jeh hatte. Vielen dank und liebe Grüße.“ Mit dieser Fanpost „adelte“ die kleine Lena ein Kinderkonzert der Kammerakademie Potsdam, das Noten griffig und Rhythmen fühlbar werden ließ. Konzertmeisters Peter Rainer nahm sich dabei der Kinder in gleicher Augenhöhe an und ließ sie auch selbst auf der Geige ein Pizzikato zupfen. Kein steifes, schulmeisterliches Dozieren, sondern ein lockeres Drehen um den Puls der Musik. Diese klingende Nachwuchsarbeit bei „Apfelmus, Pflaumenmus & Rhythmus“ oder beim „Pferd auf der Geige“ wird in der kommenden Spielzeit weiter ausgebaut, kündigte die Geschäftsführerin der Kammerakademie, Frauke Roth, in gestrigen Pressegespräch an. Auch das mit viel Aufwand betriebene Proben mit Profis, bei dem sich die Orchestermitglieder zum Tutor musikalischer Laien aller Altersgruppen aufschwingen, erfahre eine Fortsetzung. „Die Kammerakademie ist jetzt angekommen – leistungsmäßig und auch, was die Verankerung in der Stadt betrifft. Das uns am Anfang entgegengebrachte Misstrauen konnten wir ausräumen“, stellt Frauke Roth, die sich die ersten drei Jahre noch als Debütantin fühlte, mit einem guten Gefühl fest. Inzwischen bezeichnet sich der 30-köpfige Klangkörper, der auf eine durchschnittliche Auslastung seiner Konzerte von 85 Prozent verweisen kann, selbstbewusst als „Das Orchester des Landeshauptstadt“ und trägt diesen Titel auch auf dem neuen Spielzeitheft zu Markte. Und die Kammerakademie schaut weiter: Nachdem sie sich als Hausorchester des Nikolaisaals etablierte und seit ihrer Gründung auf über 100 Konzerte und Opernaufführungen allein in Potsdam zurückblicken kann, möchte sie nun verstärkt als Botschafter über die Grenzen die Stadt hinaus auftrumpfen. Nach Gastspielen u.a. in der Kölner Philharmonie oder beim Rheingau Musik Festival sind neue Ereignisse im Kalender notiert, wie ein Abstecher nach Bayreuth mit der gefeierten Vivaldi-Oper „La fida ninfa“, die zu den Musikfestspielen eine furiose Premiere erlebte. Die Leitung dieser Oper hatte Sergio Azzolini, Fagottist und künstlerischer Kopf der Kammerakademie. „Azzolini hat eine hohe Qualität in unser Orchester gebracht“, so die Geschäftsführerin erfreut. Vor allem auch die Konzerte im Schlosstheater seien durch ihn mitgeprägt worden. Mit dem Nikolai Consort gibt es seit kurzem innerhalb der Kammerakademie auch eine Gruppe von Musikern, die auf historischen Instrumenten spielt und in der kommenden Saison erstmals im Schloss auftritt. Während dort vier Mal zur Musik des 18. Jahrhunderts gebeten wird, kann man sich bei den fünf Sinfoniekonzerten durch verschiedene Stilepochen bewegen und sich dazu auf Stars wie den Geiger Dmitry Sitkovetsky, den Hornisten Radovan Vlatkovic und den Pianisten Denys Proshchayev freuen. Auch die Reihe „Klassik plus Gespräch“ wird fortgesetzt. In der Moderation von Christine Lemke-Matwey sind der Schriftsteller Bernhard Schlink und der Politiker Gregor Gysi zu Gast. Die „Besondere Konzertreihe“ setzt gleich zum Spielzeit-Auftakt am 28. August ein Glanzlicht auf. Charpentiers Te Deum mit der symbolhaften Eurovisions-Hymne wird dabei erklingen und zum ersten Mal auch die kleine, von Sponsorengeld gekaufte Orgel richtig zur Geltung kommen: mit Händels Orgelkonzert g-Moll. op.4. Danach geht“s dann auf der Straße fröhlich weiter. Der herausragende Cellist Michael Sanderling weist sich bei einer Mozart-Serenade zu Ostern erneut als Dirigent aus, und an die Zerstörung von Potsdams historischer Mitte vor 60 Jahren erinnert am 14. April ein Gedenkkonzert. Auf wackligen finanziellen Füßen steht noch die Operetten-Premiere von „Orpheus in der Unterwelt“ als Kooperation mit dem Hans Otto Theater. „Das Theater hat uns aber die Termine bestätigt und so nahmen wir die Produktion auch ins Spielzeitheft auf. Da unsere Musiker keine Gehälter beziehen, sind sie auf Verbindlichkeit angewiesen.“ Insgesamt hofft die Kammerakademie durch einen Drei-Jahres-Vertrag künftig abgesicherter zu sein. „Es wäre unser größter Wunsch, ihn noch vor der Sommerpause unterzeichnen zu können.“ 750000 Euro würde die Stadt dem Orchester damit im ersten Jahr zuschreiben. Heidi Jäger

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