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Kultur: „Wohl denen, die da wandeln ...“

Letzte „Potsdamer Ge(h)schichte“ erzählt über Gottes Häuser

Stand:

Am Ende der unbeschwerten Präsentation der sechsten und letzten „Potsdamer Ge(h)schichte“ in der Französischen Kirche wurde ein Lied „uraufgeführt“, das alle an der Reihe Beteiligten und die Gäste gemeinsam sangen. „Wohl denen, die da wandeln durch Potsdam mit viel Zeit, / und nach dem Motto handeln, dass stets auch zum Geleit ein guter Reiseführer zählt / der rasch und stets verlässlich, was man nicht weiß, erzählt“. Dieses Eigenlob des Texters Matthias Rogg ist berechtigt, denn auch mit dem neuesten Buch der Ge(h)schichte-Reihe wird ein weiteres beeindruckendes Kapitel aus der Potsdamer Stadthistorie erzählt.

Rogg ist neben Arnim Lang der wissenschaftliche Betreuer der „Potsdamer Ge(h)schichte“, die in Kooperation zwischen dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam und der Universität Potsdam entstanden und im be.bra Verlag erschienen ist. Geschichtsstudenten übernahmen im Rahmen von Lehrveranstaltungen die Verantwortung für Texte und Fotografien.

Die Melodie zum Rogg-Gedicht wurde von Heinrich Schütz entliehen, der im Dreißigjährigen Krieg eines der bekanntesten Choräle schrieb: „Wohl denen, die da wandeln“. Es gehört zu den meist gesungenen Liedern der Kirchengemeinden. Nachdem sich die Studenten mit Gärten und Parklandschaften sowie mit dem friderizianischen oder dem exotischen Potsdam beschäftigten, unternahmen sie nunmehr einen Spaziergang zu Gottes Häusern. Die Autoren kamen dabei zum Ergebnis, dass Potsdam eine Stadt der Kirchen ist, obwohl es den berühmten Dreikirchenblick mit Garnison-, Heiligengeist- und Nikolaikirche nicht mehr gibt. Der Zweite Weltkrieg und die DDR-Abrisspolitik sind dafür verantwortlich. Nur St. Nikolai bekrönt mit ihrer Kuppel weithin die Stadt.

Die Studenten gingen in ihren Texten thematisch vor. In drei Gruppen teilten sie die Gottes Häuser ein, in Kirchen für den König, für Fremde sowie für die Bürger. Es mag gewagt sein, in Potsdam die Klassifizierung „Kirchen für den König“ vorzunehmen. Die preußischen Könige waren zwar die Auftraggeber von Kirchen, in einigen feierten sie am liebsten Gottesdienste und machten sie zugleich zu ihren Hofkirchen, doch diese Bauten waren auch immer für die Bürgergemeinde da. Und St. Nikolai oder die Französische Kirche, die als Bürgerkirche bzw. Kirche für die Fremden gelten, sind im Auftrag der Monarchen erbaut worden. Die Studierenden erzählen den Lesern in dem insgesamt gut gestalteten Buch – nur manche Fotozusammenstellung wirkt wie ein Puzzle und ist viel zu kleinteilig – von zumeist bekannten sakralen Bauwerken. Im Vordergrund stehen bei den Spaziergängen nicht die architektonischen Besonderheiten der Gotteshäuser, sondern historische Aspekte. Auch jemand, der meint, über Potsdams Kirchen alles zu wissen, erfährt manch Neues. Schön, dass die „Ge(h)schichte“ auch in der Sternkirche und in der Inselkirche auf Hermannswerder Station machten. Beide Gotteshäuser sind auf den ersten Blick für den historisch Interessierten vielleicht nicht so spannend. Doch die Sternkirche erzählt auch viel über die DDR-Kirchenpolitik. Und die Kirche auf Hermannswerder vom großen Engagement des Fabrikantenehepaars Clara und Hermann Hoffbauer, das ihr finanzielles Vermögen in die diakonische Arbeit steckte, sowie vom Kirchenkampf während der NS- Zeit. Die Vielfalt religiösen Lebens in Potsdams in Vergangenheit und Gegenwart wird in dem Buch lebendig.

Auch die anderen fünf erschienenen Bände sind noch erhältlich. Und Matthias Rogg meint in seinem Lied, dass sie preiswert seien. Man sollte sogar einen Vorrat für kleinere Präsente zulegen.

Klaus Büstrin

Potsdamer Ge(h)schichten, Gottes Häuser, be.bra Verlag, 9,90 Euro

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