Der „Messias“ mitten in der Stadt. Händels berühmtestes Oratorium auf dem Bassinplatz am Freitagabend zur Aufführung gebracht. Mit dem steten Blick zur Katholischen Kirche St. Peter und Paul und dem Hören ihrer Glockenschläge war so mancher der rund 1000 Besucher hin- und hergerissen, ob man das Konzert als „Amüsement“ oder als christliche Verkündigung begreifen sollte. Auf alle Fälle wollte man der Musik Händels lauschen. Einige jedoch nur bis zum populären „Halleluja“-Chor. Das Oratorium zeichnet die Geschichte des Messias, Jesus Christus, von ihren Anfängen bei Johannes dem Täufer bis zur Auferstehung nach. Damit nicht mehr als drei Stunden Aufführungsdauer erreicht werden, musste gekürzt werden, was auch geschickt realisiert wurde.
Die Musikfestspiele haben für die Aufführung vier Potsdamer Ensembles verpflichtet: den Oratorienchor (Einstudierung: Matthias Jacob), die Singakademie (Einstudierung: Thomas Hennig), den Chor des Helmholtz-Gymnasiums (Einstudierung: Helgert Weber) sowie das Sinfonieorchester Collegium musicum. 300 Mitwirkende mögen auf der Bühne unter der Gesamtleitung von Knut Andreas gewesen sein. Eine für heutige Aufführungspraxis fast ungewöhnlich hohe Zahl. Sie dürfte zwar bei Händelpuristen nicht auf Zustimmung gestoßen sein, doch zu Zeiten Händels waren in England die Besetzungen oftmals überdimensional. Die Zuhörer wollten sich an der Klangpracht der Chöre erfreuen.
Der Leipziger Dirigent und Komponist Johann Adam Hiller übersetzte die damals übliche italienische Textfassung ins Deutsche und bedachte das Orchester mit Bläserstimmen. Mit Rücksicht auf die abweichende Textdeklamation der deutschen Übersetzung nahm er erhebliche Eingriffe in die Komposition vor. Die Hillersche Fassung war nun in Potsdam zu erleben. Für diejenigen auf dem Bassinplatz, die mit dem „Messias“ vertraut sind, war dies eine neue und interessante Begegnung. Aber wie so oft bei Open-Air-Konzerten, war die Tonübertragung nicht immer ideal. In der ersten Hälfte geriet der Klang dunkel, sogar dumpf, nach der Pause hellte er sich aber erfreulich auf.
Dirigent Knut Andreas, der in Sachen Oratorium noch nicht über reiche Erfahrungen verfügt, nahm sich der Aufgabe mit großer Energie an. Drei Liebhaber-Chöre zu einem Ganzen zu formen hat seine Tücken, doch folgten sie dem Dirigenten mit großer Aufmerksamkeit. Andreas erreichte über weite Strecken Homogenität. Doch das Oratorium wurde eher zelebriert und die Musik durch die oftmals zu langsamen Tempi zerdehnt, sodass sich eine breite Wohligkeit über den Klang legte und Transparenz selten aufkam. Die Zäsuren zwischen den einzelnen Sätzen gerieten zu lang, die Spannung ging verloren. Der Eindruck eines Nummernprogramms grüßte von Ferne.
Frisch klangen die Stimmen der jungen Solisten: Anna Gütters feinsinniger und klarer Sopran, der warme Alt von Hagar Sharvit, der einfühlsame Tenor Martin Vanbergs sowie der kräftig gestaltende Bass-Bariton von Simon Robinson. Beim Sinfonieorchester Collegium musicum, spürte man die tiefe Verbundenheit zwischen Musikern und Dirigenten besonders. Hat Andreas das Ensemble doch zu einem erfolgreichen semi-professionellen Orchester geführt. Auf dem Bassinplatz spielte es mit großer Feingefühl und Schwung. Klaus Büstrin
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