Kultur: Wunderbare Welt
Malte Brekenfeld und Dirk Wunderlich in der Sperl Galerie
Stand:
Es ist ein bisschen wie Karussellfahren. Angesichts der kürzlich nach Potsdam entsandten neuesten Bilderflut des Malte Brekenfeld kann einem in der Sperl Galerie schon einmal leicht schwindlig werden. Denn wer auch nur einen Blick auf diese vor Phantasie sprühenden farbenfrohen Bilder und Zeichnungen riskiert, ist schon gefangen in Brekenfelds dicht gewebtem Netz der Verführungen, in das sich das Betrachterauge nur zu leicht hinein verliert.
Dabei offenbart sich jedes Bild wie ein Kosmos ganz für sich. Trotz aller Unwahrscheinlichkeiten, mit denen es uns konfrontiert, sind die Bildwelten des Malte Brekenfeld genauestens durchkomponiert und über jeden Zweifel erhaben, dass es hier nicht ganz mit rechten Dingen zugeht. Geflügelte Wesen, Fabeltiere, Höllenhunde und schöne Frauen stolzieren in selbstverständlicher Eintracht miteinander durch eine unwirklich-wirkliche fabelhafte Welt. Fast gleichnishaft werden Schönheit und Verfall, Jugend und Alter, Verführung und Ekel miteinander verwoben, verschränkt, gepaart. Es ist eine Welt, in der alles möglich scheint, in der die Gesetze der Schwerkraft ihre Gültigkeit verlieren und jeder normale Maßstab aus den Fugen gerät.
Das anarchische Bilderreservoir des Malte Brekenfeld scheint unerschöpflich, denn eins ist sicher: Der überbordenden Vorstellungskraft des im abgeschiedenen Repnitz bei Teterow mit größtem Fleiß laborierenden Malers und Zeichners sind keine Grenzen gesetzt. Hier ist einer, der den Mut hat, mit aller Konsequenz in die tiefsten Bewusstseinsschichten vorzudringen und das Treibgut seiner Phantasie mit sicherer Hand und größter Präzision an die Oberfläche zu befördern. Vor allem in den eher kleinformatigen zeichnerischen Arbeiten, entstanden in Mischtechnik auf Papier, tritt die verblüffende Detailverliebtheit des Künstlers facettenreich zu Tage. Zu entdecken sind die Präzision eines Zeichners, der einmal für das Anatomische Institut der Rostocker Universität tätig gewesen war, sein geschultes Auge und eine nur noch selten anzutreffende handwerklich-technische Virtuosität.
Mit kindlicher Freude lenkt Brekenfeld seinen sezierenden Blick auf diese Welt und bereitet ihr in seinem vor Symbolik und Assoziationsreichtum nur so strotzenden Bilderarsenal eine immer neue Bühne. Wegen der Simultanität, mit der Malte in seinen Bildwelten meist mehrere Geschichten nebeneinander entspinnt, aber auch mit Blick auf seine überaus skurrilen Kreaturen hat man den eigenwilligen Künstler, der sich stilistisch in keine der gängigen Schulen bzw. Schubladen einordnen lässt, immer wieder mit dem spätmittelalterlichen Sonderling Hieronymus Bosch verglichen. So zutreffend dieser Vergleich ist, so nimmt er der Kunst von Malte Brekenfeld letztlich nichts von ihrer Rätselhaftigkeit, der sie einen Gutteil ihrer Attraktivität verdankt.
Auf andere Weise wunderlich und in ihrer sparsamen Kombination mit den malerischen Arbeiten sehr gelungen sind die ebenfalls bei Sperl gezeigten Skulpturen Dirk Wunderlichs. Von ihm sind fünf aktuelle Beispiele seiner Objektkunst zu sehen, die sich samt und sonders aus seiner Faszination für Meerestiere, Insekten und Tierknochen speisen. Aus einer phantasievollen Mixtur mit den Materialien Gips, Jute, Draht und Epoxyharz lässt Dirk Wunderlich bizarre Gebilde entstehen. Wie bei Malte Brekenfeld begegnen wir in diesen artifiziellen Gebilden jener Lust auf Metamorphosen sowie jenem originären Gestaltungswillen, durch die beide Freunde ein Stück weit seelenverwandt erscheinen. Aus Platzgründen sind sie zwar bei Sperls ungleich gewichtet, doch ergibt sich aus der Gegenüberstellung der beiden Künstler insgesamt ein stimmiges Bild.
Bis 4.11. Mi-So, 12-18 Uhr, Sperl Galerie, Mittelstraße 30. www.sperlgalerie.de
Almut Andreae
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: