Kultur: „Wunderland“ in Gefahr
Lehrermangel in der musikalischen Ausbildung
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Alljährlich räumen Brandenburger beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ Preise ab, und die Landesensembles gehören bundesweit mit zur Spitze. Nach Einschätzung des Landesverbandes der Musikschulen ist das „musikalische Wunderland“ jedoch in Gefahr: „Die Qualität der musikalischen Ausbildung ist durch mangelnde Mittel für Lehrer akut bedroht – insbesondere im ländlichen Raum“, sagt Geschäftsführer Thomas Falk. „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Musikschulen als Ausbildungseinrichtungen verloren gehen und nur noch Beschäftigungsanstalten sind.“Deshalb müssten dringend die Berufschancen für Musikpädagogen verbessert werden. „Bekommt ein Musikschullehrer bei uns pro Stunde 12,50 bis 18 Euro, sind es in den westlichen Bundesländern 25 bis 28 Euro. Da ist es klar, dass es schwierig wird, gute Kräfte zu locken“, sagt Falk. Dabei sei das musikalische Potenzial der märkischen Jugendlichen groß. So zähle beispielsweise das Landesjugendsinfonieorchester qualitativ zum Besten bundesweit. „Von den fast 400 Leuten, die in diesem Orchester bislang spielten, haben 60 den Sprung in Profi-Orchester geschafft“, erzählt Falk stolz.
Landesweit gibt es nach seinen Angaben 28 organisierte Musikschulen mit etwa 30 000 Schülern; die Zahlen halten sich trotz des demographischen Wandels seit Jahren auf diesem Niveau. „Besonders beliebt ist das Klavier, da haben wir eine regelrechte Schwemme“, stellt Falk fest. „Dafür sind – auch mangels Lehrer – die klassischen Orchesterinstrumente deutlich unterrepräsentiert, was durch einen regen Zulauf zum Keyboard-Unterricht kompensiert wird.“ Nach Auskunft des Verbandes deutscher Musikschulen in Bonn hat Brandenburg im Bundesvergleich einen hohen Anteil an Keyboard-Schülern; dagegen wollen vergleichsweise wenige das Spielen auf der klassischen Blockflöte erlernen. Der Vorsitzende des Bundesverbandes, Winfried Richter, lobt die „hohe Qualität“ der öffentlichen Musikschulen in Brandenburg.
Auch habe die Mark als erstes Bundesland 2001 ein Musikschulgesetz und damit Impulse sowie eine staatliche Anerkennung für die Arbeit von Musikschulen geschaffen. Laut Potsdamer Kulturministerium sind in dem Gesetz rund 2,6 Millionen Euro pro Jahr für die Musikschulen festgeschrieben; außerdem gibt es Qualitätsstandards vor. „Für eine Aufstockung der Gelder wäre ein neuer Gesetzentwurf nötig und dazu gibt es keine Bestrebungen“, sagt Ministeriumssprecher Holger Drews.
Kulturministerin Johanna Wanka bekennt sich klar zu den Musikschulen: „Ich schätze ihre Arbeit auch deshalb sehr, weil sie positive Effekte auf die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen haben.“ Die Früchte ihrer Übungsstunden können alljährlich viele märkische Jugendliche beim „Jugend musiziert“- Wettbewerb ernten.
„Proportional zum Bevölkerungsanteil sind im Bundeswettbewerb immer überdurchschnittlich viele Teilnehmer aus Brandenburg vertreten“, berichtet die Sprecherin der Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ in München, Susanne Fließ. So schafften es im vergangenen Jahr 87 Brandenburger bis in den Bundeswettbewerb; rund 700 junge Nachwuchsmusiker hatten sich zuvor auf regionaler Ebene präsentiert. Damit die hohe Qualität, wie sie zumindest an der Spitze herrscht, gehalten werden kann, fordert auch die Landes- und Bundesmusikakademie Rheinsberg eine stärkere Unterstützung der Musikschulen durch Land und Kommunen. Bildungsreferentin Bettina Bröder: „Wir hören immer öfter davon, dass sich Eltern die hohen Unterrichtsgebühren nicht mehr leisten können.“
Imke Hendrich
Der Regionalwettbewerb West des Landes Brandenburg „Jugend musiziert“ findet am Freitag und Samstag in Potsdam statt.
Imke Hendrich
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