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Kultur: Zarte innere Regungen
Die Altistin Susanne Krumbiegel ist seit über einem Jahrzehnt gern gesehener Gast in Potsdam
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„Mama, mach bitte die Fenster zu.“ Den Krumbiegel-Kindern war es ein wenig peinlich, wenn sie mittags aus der Schule kamen und die Stimme von Mutter Cornelia schon von Weitem zu hören war. Sie sang bei offenem Fenster Lieder und Arien, sodass man meinte, einem Konzert beizuwohnen. Dabei waren die beiden Söhne Martin und Sebastian sowie Tochter Susanne es gewöhnt, dass zu Hause viel gesungen wurde.
Musik gehörte bei den Krumbiegels in Leipzig zur täglichen Nahrung. Diese Anregungen möchte auch Susanne heute nicht mehr missen. Sie bildeten ein solides Fundament für ihre sängerische Laufbahn. Als Altistin hat sie sich seit mehr als einem Jahrzehnt vor allem im Oratorien- und Liedgesang einen Namen gemacht, der durch etliche CD-Aufnahmen untermauert wird. In die brandenburgische Landeshauptstadt kommt die Leipzigerin seit etlichen Jahren gern. Das Musizieren mit Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob und dem Oratorienchor Potsdam in der Friedenskirche Sanssouci mache ihr besondere Freude, weil sie spüre, dass hier die Musica sacra nicht unverbindlich zum Klingen, sondern die frohe Botschaft so zum Tragen komme, sagt Susanne Krumbiegel.
Am morgigen Mittwoch und am Donnerstag wird sie gemeinsam mit dem Oratorienchor, der Kammerakademie Potsdam sowie den Solisten Astrid Kessler, Tobias Hunger und Gotthold Schwarz die Kantaten 1 bis 3 des Bachschen Weihnachtsoratoriums musizieren. „Die Arien, die der Thomaskantor für meine Stimmlage in diesem Werk komponierte, gehören für mich zu seinen wunderbarsten musikalischen Eingebungen. Sie machen das große bewegende Gefühl von freudiger Erwartung der Geburt Jesu und die der zartesten inneren Regung der Dankbarkeit hörbar.“ Die Sängerin mit der warmen, tragfähigen Altstimme sowie der natürlichen Ausstrahlung ist auch in diesen Advents- und Weihnachtstagen, bis nach Neujahr, mit dem Weihnachtsoratorium landauf, landab unterwegs. Fast allabendlich singt sie in Kirchen und Konzertsälen das populäre Oratorium Bachs. „Obwohl ich zwischen 15 und 20 Mal in jedem Jahr diese Altarien singe, werden sie mir nie zu viel. In fast jeder Aufführung entdecke ich neue Nuancen, gibt es auch andere interpretatorische Impulse.“ Aber sie freut sich, wenn Kantoren und Dirigenten hin und wieder den Mut haben, auch mal unbekanntere weihnachtliche Musik als die des Weihnachtsoratoriums auf das Programm setzen.
Auch in den anderen Oratorien und Kantaten von Bach, Händel, Telemann oder Mendelssohn Bartholdy ist Susanne Krumbiegel zu Hause. Dabei bedeuten für sie nicht nur die Advents- und Passionszeit eine kirchenmusikalische Hoch-Zeit, sondern das ganze Jahr hindurch ist Konzert-Saison. Besonders bevorzugt sie die intime Vortragskunst mit Liedern. Im Oktober des kommenden Jahres wird sie beispielsweise in der Friedenskirche Sanssouci die Biblischen Lieder von Antonin Dvorak singen.
Die Altistin ist ein gern gesehener Gast an traditionsreichen Aufführungsorten, beispielsweise in der Thomaskirche sowie im Gewandhaus Leipzig und in der Kreuzkirche Dresden. Nach Japan, Österreich, Frankreich oder in die Niederlande wurde sie eingeladen, sie singt aber auch gern in kleinen Städten und sogar Dörfern, abseits großer Konzertorte. „Die Menschen dort, so stelle ich immer wieder fest, sind besonders dankbar für das unmittelbare Musikerlebnis, das ihnen ja meist Kirchenmusiker des Ortes präsentieren“, erzählt Susanne Krumbiegel.
In der Adventszeit ist die Zeit für das Unterrichten junger Leute knapp bemessen. Aber wenn dann ab Januar der Konzertterminkalender nicht mehr so ausgefüllt ist, kümmert sie sich wieder ganz intensiv um ihre Gesangsschüler an der Musikschule „Johann Sebastian Bach“ Leipzig. Diese Arbeit macht ihr viel Spaß, denn sie weiß aus eigenem Erleben, dass in der Kindheit und Jugend das musikalische Fundament gelegt wird. Auch ihre beiden Brüder Martin und Sebastian profitierten davon. Denn, wie gesagt, bei den Krumbiegels in Leipzig hatte die Musik Priorität. „Unser Vater Peter ist der einzige, der keinen musikalischen Beruf hat, er ist Chemiker. Er sang zwar im Chor und spielte Akkordeon, doch dieses Instrument haben wir als Jungendliche nicht so richtig anerkannt. Unsere Mutter war Sopranistin, die zu DDR-Zeiten in der Alten-Musik-Szene mitwirkte und mit der Capella Fidicinia Leipzig so manche Schallplatte aufnahm.“ Cornelia Krumbiegel ist die Tochter der bekannten Hallenser Sängerin und Händel-Spezialistin Philine Fischer. Die Tradition der Krumbiegels in Sachen Musik ist gesichert. Die Brüder waren Thomaner, heute ist Martin als Musikwissenschaftler, Tenorsolist und Dirigent tätig, Sebastian feiert als einer der „Prinzen“ in seiner Boyband große Erfolge. Dennoch hat die „Klassik“ in der Leipziger Musikerfamilie deutlich Vorrang. Susanne Krumbiegels Liebe zu ihr ist unüberhörbar.
Weihnachtsoratorium, 7. und 8. Dezember, 19.30 Uhr, Friedenskirche-Sanssouci, Karten an der Abendkasse
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