
© Manfred Thomas
Kultur: ZeitenBrüche
Marianne Gielen und Hella Horstmeier stellen auf der Freundschaftsinsel aus
Stand:
Es ist ein sommerfrohes Jubilieren. Heiterkeit und Sinneslust ergießen sich wie warme Sonnenstrahlen über den Betrachter. Die im kräftigen Gelb und Orange auftrumpfenden Taglilien und Sonnenbräute finden in den Bildern von Marianne Gielen ein klangreiches Echo. Die Malerin tritt mit der blühenden Pracht der Freundschaftsinsel in einen lautstarken Disput, der sich im gläsernen Ausstellungspavillon Gehör verschafft. Es brodelt und schwelgt, fließt und drängt in den Bildern, dass die Farben förmlich über den Rahmen zu quellen drohen. Erdig-sanfte Stimmungen stellt die Künstlerin ihr „pflückfrisch“ für die Ausstellung entstandenes Blumengespinst im „Botanischen Garten“ entgegen: ein grellbuntes Flirren sich überlappender Farbflecken, die erst aus der Entfernung in ihrer pulsierenden Kraft zu verdauen sind.
Die seit zwei Jahren in Potsdam wohnende Malerin hat sich in dieser Ausstellung aber nicht nur ihrer Blumenliebe hingegeben. Neben dem Thema Garten und Landschaft widmete sie sich im 20. Jahr des Mauerfalls auch den „ZeitenBrüchen“. Vor der Grenzöffnung kannte sie die Glienicker Brücke nur aus dem Westen. Oft malte die Zehlendorferin im Park von Klein Glienicke, schrieb Tagebücher, skizzierte und fotografierte in jeder Jahreszeit. In ihrem Atelier durchdrangen sich dann Naturstudien und die eigene innere Vitalität in frei fließenden Formen.
Inzwischen hat sie die Seite gewechselt und obwohl die Brücke nun jederzeit passierbar ist, provoziert dieser einstige Ort der Trennung und des Agentenaustauschs in ihr immer noch ein Frösteln. Und er bleibt ihr Motiv. Sie fotografierte das schicksalsträchtige Konstrukt, belichtete die Aufnahmen doppelt und erzeugte ein imaginäres Spiel der Perspektiven. Die Fotos sind voller Spannung und Sehbrüche und stehen im besten Dialog mit ihren vier gemalten „Brücke“-Bildern. Die imaginierten Stahlträger dominieren im kontrastreichen Schwarz die Flächen, umspült vom satten Rot und lichtem Gelb. Alles scheint möglich, alles ist in Veränderung, trotz der markanten, unverrückbaren Linien. Diese Arbeiten gehören zu den eindringlichsten der Ausstellung und korrespondieren in ihrer Gegensätzlichkeit mit den empor- und sich wiederstrebenden Skulpturen der Berliner Künstlerin Hella Horstmeier. Deren „Gewachsene Verletzungen“ ragen schlank und fragil in die Höhe und öffnen sich hochoben wie ein hungriger Schlund. Mit einfühlsamer Hand lässt die Künstlerin die zerklüftete Borke eines Kirschbaums an glänzendes Metall stoßen. Ihre Arbeiten sind wie ein gespannter Bogen, der jeden Moment zu reißen droht.
In der Plastik „Über den Schatten springen“ schieben sich kurz über dem Abgrund zwei Flächen gegeneinander und scheinen sich doch zu halten. Die eine glänzend, die andere matt. Alles wiegt sich sicher und ist doch labil. Hella Horstmeier schafft Kontraste und baut Brücken der Annäherung. Sie lässt in den Stein hineinsehen und bewahrt doch sein Geheimnis. Kantiges trifft auf Rundes, Glattes auf Zerklüftetes. Die Bildhauerin lässt den Stein in die Höhe streben und den Fall ahnen. Ihre Stelen sind trotz innerer Bewegung Ruhepole in dem mit Licht und Farben durchfluteten Raum. „Gedanken kommen. Emotionen werden geweckt“ steht im Gästebuch geschrieben. Und auch: „Die starken Farben rütteln wach.“ Zwei Frauen haben hier zusammengefunden, die den „ZeitenBrüchen“ couragiert und feinsinnig begegnen. Heidi Jäger
Bis 16. August, Pavillon auf der Freundschaftsinsel, Mi bis So 12 bis 18 Uhr.
Heidi JägerD
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