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Kultur: Zeitgeschichte

Volker Schlöndorff in der Druckerei Rüss

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Das Haus – Die Druckerei der Brüder Rüss – war am Samstagabend bis unters Dach gefüllt, mit Zuhörern. Sie kamen zur Lesung des Filmregisseurs Volker Schlöndorff , der seine unlängst im Hanser Verlag erschienene Biografie „Licht, Schatten und Bewegung“ vorstellte. Der Oscar-Preisträger benötigt keine Star-Allüren, um zu überzeugen. Seine Schlichtheit und Warmherzigkeit machen ihn so sympathisch.

In der vom Brandenburgischen Literaturbüro organisierten Veranstaltung war er zunächst als Vorleser verpflichtet, ohne es in Wirklichkeit sein zu wollen, später als kenntnisreicher und lebenserfahrener Plauderer, der den Fragen Hendrik Röders nicht auswich. Von seiner Zeit in einer französischen Klosterschule erzählte Schlöndorff, wo er an der Seite eines Padre, den man Picasso nannte, das Theaterspielen kennenlernte, von seinem ersten Film „Der junge Törless“ oder seinen Begegnungen mit Dustin Hoffmann in den USA, den Erfahrungen bei den Dreharbeiten zu „Der Tod eines Handlungsreisenden“. Und davon, dass Madonna ihn nervte, er möge sie in einem seiner Filme in einer Rolle besetzen. „Ich würde gratis deine Wohnung putzen“, soll sie zu ihm gesagt haben. „Ich habe sie aber nicht engagiert, denn ich glaube, sie hätte die Dreharbeiten manchmal aus den Fugen gebracht.“ Mehrfach hat Schlöndorff sich mit dem Linksradikalismus und den Terroristen um die Gruppe von Bader und Meinhof in Filmen auseinandergesetzt. Doch eines Tages, 1976, kam er selbst unter den Verdacht, Sympathisant der RAF zu sein. „In unserem Landhaus bei Florenz fand plötzlich eine Razzia statt. Es wurde aber kein versteckter Terrorist entdeckt, sondern nur das Drehbuch zu ,Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und eine Waffe. Die musste nun den groß angelegten Einsatz mit Hubschrauber und zwei Dutzend in brütender Hitze kugelsicher gewandeten Carabinieri rechtfertigen. ,Waffenlager im Haus des Regisseurs“, titelte die Bild- Zeitung. Tatsächlich war die Waffe ein Geschenk meiner ersten Verlobten, aus Mexiko, als ich dort Assistent bei Louis Malles ,Viva Maria“ war. Die kleinkalibrige Pistole, als Erinnerung sentimental jahrelang in einer Schublade gehütet, löste im Nachhinein einen großen Knall aus.“ Der Filmregisseur streifte während seines Erzählens auch den Tod seiner Mutter im Jahre 1944 durch einen Unfall. „Seitdem kann ich mit Verlusten sehr schwer umgehen“, so Schlöndorff.

Der seit vielen Jahren in Babelsberg wohnende Regisseur gibt in seinem Buch einen intimen Blick in seine Gedankenwelt, es wird ein Stück deutsche Zeitgeschichte in bewegender Weise lebendig. Auch an diesem Abend in der Druckerei Rüss. In erster Linie ist Schlöndorff aber Filmregisseur. „Ein neuer Filmstoff wird mich finden und ich werde auf ihn reagieren. Bestimmt“, sagt er. Klaus Büstrin

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