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Kultur: Zerbrechliche Freiheit

In „Unstable Element“ verbinden sich Tanz und klassische Musik. Premiere ist am Donnerstag

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Freiheit ist zerbrechlich und hat zahlreiche Facetten. Sie ist ein Ideal, sowohl in der Politik als auch in der Kunst – so beschreibt es zumindest Simone Sandroni. Freiheit, gleichzeitig zerbrechlich und unerreichbar. Mit „Unstable Element“ hat der Choreograf eine Performance des zeitgenössischen Tanzes geschaffen, die in verschiedener Hinsicht ein Versuch ist, die Freiheit auf die Bühne zu bringen. Am morgigen Donnerstag ist in der fabrik die Premiere von „Unstable Element“ mit der Gruppe Déjà Donné zu erleben.

Seit beinahe vier Wochen arbeitet und lebt Simone Sandroni nun mit seinen Tänzern auf engstem Raum in der fabrik. „Wir leben zur Zeit nur für diese Show. Wenn man den ganzen Tag zusammen ist, kann man auch das Beste rausholen“, sagt der Italiener über die Umstände, unter denen seine neueste Choreografie „Unstable Element“ in den vergangenen Wochen erarbeitet wurde. Auf der Basis von „Quartett“, einer Performance, die Sandroni bereits im Frühjahr entwickelte, ist das neue Werk des Choreografen, der bereits zum vierten Mal in Potsdam residiert, als eine Weiterentwicklung zu verstehen. Nicht nur des Stücks an sich, sondern auch für ihn als Künstler.

Denn vor allem der Musik fällt in „Unstable Element“ eine elementarere Bedeutung zu, die Sandroni nicht nur vor die Aufgabe stellte, Musiker zu finden, sondern auch Darsteller, die sich auf diese Verbindung einlassen können. Das Merlino Quartett aus Potsdam und Berlin, das 2008 gegründet wurde, füge sich perfekt in diese Rolle. „Sie haben keine Hierarchie, sondern sie funktionieren als Team, das den Unterschied zwischen einem Konzert und einer Performance sehr genau kennt“, erklärt Sandroni. Mit Peter Rainer (Violine), Michiko Iiyoshi (Violine), Ralph Günther (Viola), drei Musikern der Kammerakademie Potsdam, und Damien Ventula (Violoncello) habe er genau die richtigen Musiker getroffen, um diese Art einer Show machen zu können. „Sie müssen nicht nur an unterschiedlichen Orten auf der Bühne und während der Bewegung spielen, sondern sind aktiv Teil des Geschehens, wenn die Tänzer mit ihnen interagieren.“ Doch nicht nur die Musiker stellt Simone Sandroni vor eine Herausforderung, sondern auch seine Tänzer. „Sie sollen nicht nur der Musik folgen und sich hinter der Bewegung verstecken können.“ Seine Tänzer sollen als ein menschliches Wesen deutlich werden, das auf der Bühne tanzt. Die vier Musiker treffen in „Unstable Elements“ auf die vier Tänzer (Chiara Montalbani, Fernando Roldan, Stefano Roveda und Elvira Zuñiga), das mache die Beziehung zwischen Musikern und Tänzern viel direkter und linearer.

Dabei ist es unüblich für Simone Sandroni, in seinen Choreografien einer klaren Linie zu folgen. Vielmehr denke er gerne in mehreren Ebenen, lasse auch gern Chaos und Verwirrung auf der Bühne entstehen. „Doch wenn ich nicht ab und zu etwas Neues mache, wird mir langweilig.“ Diese Freiräume braucht Simone Sandroni für sein künstlerisches Überleben. Dieses Gefühl von Freiheit in der Kunst sei es auch gewesen, was ihn in der Musik von Dimitri Schostakowitsch und Alfred Schnittke, zwei der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, in den Bann gezogen hat. Dabei sei es nicht die Musik an sich gewesen, die ihn so gefangen nahm, sondern erst durch die Analyse wurde ihm klar, welche Vielschichtigkeit in diesen Kompositionen steckt. „Ich liebe die Dramaturgie ihrer Musik“, so Sandroni. Während Schostakowitsch viele verschiedene Emotionen vereint, treffen in der Musik von Schnittke unterschiedliche Stile aufeinander. Das ist der Kontrast, dem Simone Sandroni trotz klarer Linien auch in dieser Performance nicht ganz entgehen kann. Mal impulsiv und mal melodisch, einerseits kraftvoll und doch von Virtuosität geprägt – daraus setzt es sich für Simone Sandroni zusammen, dieses zerbrechliche Stück, das Freiheit beschreibt.

„Unstable Element“ am morgigen Donnerstag und am Freitag, jeweils 20 Uhr, in der fabrik in der Schiffbauergasse.

Chantal Willers

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