Nicht einmal die berühmte Stecknadel hört man an diesem Abend in der Friedenskirche Sanssouci fallen. Die Besucher aller Altersgruppen hören gespannt zu, was die jungen Leute vorn auf dem Podium zu sagen haben. Und ihre Worte sind gewichtig. Sie stammen aus dem 1983 geschriebenen Roman „Mirjam“ von Luise Rinser. Damals hat er vielen Lesern – auch Nichtchristen – einen neuen Zugang zum Neuen Testament gewiesen. Mit der Gestalt der Mirjam aus Magdala, einer eigenständigen Nachfolgerin Jesu, wollte Luise Rinser den Mann aus Nazareth zu neuem Leben erwecken.
Pfarrer Markus Schütte hat aus dem Roman Luise Rinsers für das Schülertheaterprojekt der Friedenskirche eine überschaubare und klare Fassung geschrieben. Er nennt das Stück „Jeschua – Die Geschichte eines Lebenden“. Der Weg des Jeschua von Nazareth bis nach Golgatha wird aus der Sicht von Mirjam erzählt. Sie ist Zeugin einer Passion, der Kreuzigung und Auferstehung. Sie berichtet aber auch von ihren Zweifeln und Fragen, von ihrer Liebe und ihrem Glauben und von ihrer Hoffnung auf ein kommendes Friedensreich. Das Projekt – vor allem Konfirmanden wirken dabei mit – gelang und beeindruckte, weil man sich vor allem auf die Sprache Luise Rinsers konzentrierte. Für die Vierzehn- und Fünfzehnjährigen war es sicherlich kein Leichtes, sich der Kunstsprache der Dichterin zu nähern, die knapp und verständlich ist. Markus Schütte hat mehrere Wochen mit den Darstellern intensiv gearbeitet. Der Text sollte glaubwürdig den Zuschauern vermittelt, die Szenen lebendig und stringent werden. Gut, dass erst gar nicht versucht wurde, ein hochdramatisches Theaterstück aus dem Ganzen werden zu lassen, bei dem, da ja Laien auf der Bühne stehen, darstellerische Grenzen allzu deutlich werden und manchmal auch peinlich wirken können. Obwohl die Szenerie nur angedeutet wird, kann man sich ganz auf den Text einlassen. Und der wird von den Darstellern mit einer teilweise bewundernswerten Souveränität, Natürlichkeit, Deutlichkeit und auch Emotionalität gesprochen, ohne dass man spürt, hier wird den Jugendlichen etwas verordnet. Obwohl jeder der 25 Mitwirkenden einzeln erwähnt werden müsste, seien hier nur drei Darsteller genannt, weil sie mit besonders großer Ausstrahlung das Stück trugen: Mia Wätzel als Mirjam-Erzählerin, Anna-Maria Müller als Mirjam und Simon Lange als Jeschua. Bildplastisches kommt an diesem nicht zu kurz. Es wird vor allem über die treffliche Lichtregie (Helge Rabethke) erreicht. Schön, dass nach einzelnen Szenen Johannes Sandner auf der Orgel das Geschehen musikalisch noch einmal kommentiert.
Die gebannte Aufmerksamkeit der 450 Zuschauer in beiden Aufführungen weicht am Ende ihren Begeisterungsstürmen für eine beeindruckende Aufführung. Klaus Büstrin
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