Kultur: Zweiklang
Der Künstler Frank Michael Zeidler verbindet Kunst und Engagement
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„Plötzlich hat sich das Gelb in das Bild geschlichen“, stellt Frank Michael Zeidler fest. Fast zwanzig Jahre hatte der Künstler in seinen Bildern und Radierungen ausschließlich mit Schwarzweiß-Kontrasten gearbeitet. Die Dualität von Hell und Dunkel, der Farbkontrast, die Reduktion auf einige wenige Bildelemente beschäftigten Zeidler. Dann aber, durch eine Veränderung in der Zusammensetzung der Pigmente, schlug ein gelber Farbton durch. Unmittelbar nach dem Studium erhielt Zeidler einen renommierten Kunstpreis. Der Künstler hätte eine ähnlich rasante Karriere machen können wie die nur ein wenig älteren, damals „Jungen Wilden“. Aber er entschied sich für den bedächtigeren Weg. „Es ging mir alles zu schnell. Ich wollte erst einmal nach meinen künstlerischen Grundlagen forschen“, erklärt der Maler, dessen Bilder derzeit im Kunsthaus Potsdam zu sehen sind.
„Paare“ ist der Titel der Ausstellung. Dementsprechend sind jeweils zwei Bilder einander zugeordnet. Aber auch farbige Papierarbeiten hängen, aufwendig gerahmt, im Ausstellungsraum. „Ich bleibe bei einem relativ engen Farbspektrum“, erklärt der Künstler. Auf erst kürzlich entstandenen Bildern finden rote, gelbe und schwarze Farbtöne zu einem mal harmonischen, mal spannungsreichen Miteinander. Die Titel der Bilder fallen bemerkenswert lakonisch aus: „Gelbes Lappenpaar“ Nummer eins bis vier, „Quadratlappen“, „Doppeltlange Lappen“. Was der Betrachter assoziieren möchte, bleibt ihm überlassen, inhaltliche Vorgaben macht der Künstler keine, auch Räumlichkeiten deutet er nicht an. Dennoch verlocken die Tafeln, sie näher und vielleicht auch immer wieder zu betrachten. Denn sie scheinen in ihrer unauslotbaren Tiefe einen Klang und ein Geheimnis zu bergen, das sich auf den ersten Blick vielleicht nicht erschließt. „In der westlichen Kultur ist die Dichotomie im Denken angelegt, das wollte ich mit meinen künstlerischen Mitteln untersuchen“, erklärt Zeidler. Mann/Frau, warm/kalt, hart und zart, das westliche Denken orientiere sich an Gegensatzpaaren.
Der philosophische Unterton der Bildüberlegung ist vermutlich kein Zufall. Der Künstler studierte nach einer Ausbildung und mehrjährigen Tätigkeit als Rettungssanitäter zunächst einmal einige Semester Germanistik und Philosophie. Dann begann er ein Studium an der damaligen Hochschule der Künste in Berlin. „Schließlich entscheiden sie sich für einen Lebensweg, wenn sie lange gesucht haben“, begründet Zeidler seine Entscheidung für die nie so recht kalkulierbare Künstlerkarriere. Diese habe sich aber letztlich doch recht erfreulich entwickelt, konstatiert der Sechzigjährige, der mit seinen Werken in zahlreichen Sammlungen vertreten ist.
Da er Maler und nicht Schriftsteller sei, habe er also Bilder gemalt, vorwiegend abstrakte Bilder. In Radierungen aus früheren Jahren tauchen gelegentlich aber doch gegenständliche Anklänge auf.
„Doppelbett“ ist der Titel einer Serie von Kaltnadelradierungen, die tatsächlich in ihrer nervösen, fiebrigen Linienführung an zerwühlte Betten denken lassen. In den gegenwärtigen „Lappenbildern“ allerdings schweben dunkle Wolken über hell leuchtenden Untergründen, verdecken weiße Nebelschleier einen erdigen Unterton. Gegenständliche Anklänge sind nicht erkennbar.
Das Ausstellungshaus, in dem die Tafeln zu sehen sind, hat Zeidler vor zehn Jahren selber mit gegründet und in mühevoller Aufbauarbeit aus einen alten Schuppen aufgebaut. Heute ist der Kunsthaus Kunstverein eine renommierte Potsdamer Institution. Das Ansehen des Ausstellungsraums verdankt sich sicherlich zum Teil der vielseitigen Aktivitäten Zeidlers. Denn der Künstler ist Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes. In dieser ehrenamtlichen Funktion hat sich Zeidler in den vergangenen Jahren deutlich für die soziale Absicherung der Künstler, beispielsweise durch die Künstlersozialkasse, und für steuerliche Besonderheiten beim Kunstverkauf eingesetzt. „Die Debatte über ein neues Urheberrecht, der aufgeheizte Kunstmarkt. In den kommenden Jahren sind noch einige schwierige Diskussionen zu führen“, stellt der Vereinsvorsitzende fest. Richard Rabensaat
Zu sehen bis 2. Dezember, Mi von 11 bis 18 Uhr, Do und Fr von 15 bis 18 Uhr, Sa und So, 12 bis 17 Uhr, Ulanenweg 9
Richard Rabensaat
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