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Kultur: Zwiespältig

Liederabend in der Französischen Kirche

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Die Havelländischen Musikfestspiele hatten zum diesjährig letzten Potsdamer Konzert geladen und knapp 30 Zuhörer kamen in die kalte Französische Kirche. Es erwartete sie ein Liederabend mit dem spanisch-französischen Countertenor Robert Expert, der von dem ebenfalls aus Spanien angereisten Antonio Soria am Klavier begleitet wurde.

Die angekündigte musikalische Reise von Händel-Arien über Werke von Debussy und Poulenc bis hin zu spanischen Liedern des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts versprach eine spannende zu werden. Freilich enttäuschte ein erster Blick in das Programmheft, das neben den schlecht übersetzten Künstlerbiografien lediglich die Programmfolge verzeichnete, jedoch keinerlei Übersetzungen der Texte oder wenigstens erläuternde Hinweise zum Inhalt der gesungenen Werke enthielt. Da half dann auch die kurze sympathische Moderation des Sängers auf Englisch nur wenig. Man musste also entweder rein kontemplativ auf Klangschönheit ausgerichtet sein, um zu genießen, oder ein musikgeschichtlicher Kenner, um diesen musikalisch-geografischen Gewaltmarsch verstehend zu durchschreiten. Allerdings war das mit dem Kontemplativen zunächst schwierig, denn so sehr sich Robert Expert um differenzierte Gestaltung bemühte, so sehr wurde dem begleitend nicht gefolgt. Antonio Soria spielte den ab und an knarrenden, quietschenden Flügel mit enorm-penetrantem Pedaleinsatz, die Sechszehntelpassagen in den eingangs musizierten Händelarien gerieten zu einen kaum ertragbaren Klangbrei, auch im weiteren Verlauf löste nur in wenigen Momenten ein inspirierter Augenblick das Einerlei des Tastenschlagens ab.

Erstaunlich blass zunächst gerieten dem Sänger Rezitativ und Arioso des Admeto „Orride larve! / Chiudetevi miei lumi“ aus Händels gleichnamiger Oper. Deutlich nachhaltiger in der Wirkung folgte eine aus „Giulio Cesare“, deren Tonkaskaden Expert technisch geschult dahinperlen ließ. Neben Claude Debussys „Fetes galantes II“, dessen flirrende-feinziselierter, auf Details bedachter Klangfarben-Kosmos im Dahinwabern des Klaviers fast unterging, und Francis Poulencs überaus amüsantem und vom Sänger spritzig im Wechsel zwischen Alt- und Baritonlage changierend interpretierten Tier-Lieder-Kreis „Le Bestiaire“, folgten die musikalischen Entdeckungen im Programm. Zunächst die Vertonungen alter Texte des 15. und 16. Jahrhunderts durch Raynaldo Hahn, die in den Dezennien um 1900 entstanden und mit einem feingewebten, ja fast schmeichlerisch-experimentellen Klanggewebe überraschten. Hier beeindruckte Expert mit seinem geschmeidigen und facettenreich ­timbrierten, zu melodischer Expression wie sensiblem Piano fähigen Kontratenor.

Die Spanier Frederic Mompou und Joaquin Turina sind hierzulande ebenfalls kaum bekannt. Des ersteren Lieder spanischen Kolorits in spätromantischer Gewandung erzeugten einen intensiv interpretierten Spannungsbogen. Die Lieder von Henri Collets verrieten den intimen Kenner kunstvoll-volkstümlicher spanischer Musik und Musizierweise und bildeten den effektvollen Abschluss des Abends. Christina Siegfried

Christina Siegfried

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