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Feiern wie die Könige. Das lässt sich immer wieder erleben bei den Musikfestspielen wie beim Abschlusskonzert im vergangenen Jahr.

©  mfsp

Von Dirk Becker: Zwischen Glanz und Gloria

Die Musikfestspiele holen Dresden an den preußischen Hof / Heute beginnt der Kartenvorverkauf

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Zuerst einmal ein Geständnis. Seit langem schon gehören die Musikfestspiele Sanssouci jedes Jahr zum ganz persönlichen Kulturhöhepunkt in dieser Stadt. Und jedes Jahr die gleiche Frage, ob das Team um Andrea Palent und Carsten Hinrichs das Niveau vom vergangenen Jahr nicht nur halten, sondern einen sogar wieder aufs Neue überraschen können? Bisher lautete die Antwort Jahr für Jahr, wenn im Januar das Programm für die Festivaltage im Juni vorgestellt wurde, schlicht und ergreifend: Ja.

Am gestrigen Freitag war es wieder soweit. Im historischen Gewölbe des Kutschstalls im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte war zur Präsentation des diesjährigen Programmes geladen worden. Unter dem Motto „Sachsens Glanz trifft Preußens Gloria“ stehen vom 11. bis zum 26. Juni die Beziehungen des preußischen Hofes zur sächsischen Herrschermetropole Dresden im Mittelpunkt der Musikfestspiele Sanssouci. Hier vor allem die musikalischen Impulse vom Dresdener Hof, die den damals noch jungen Friedrich mächtig beeindruckt hatten und später seine kulturelle Hofpolitik prägte, die aber, da er immer wieder versuchte, Musiker von dort abzuwerben, nicht ganz konfliktfrei mit Dresden verlief. Und schon das erste Blättern durch das Programmheft löste das bekannte Gefühl aus, das immer eine Mischung aus wachsender Vorfreude, Bestätigung und Unzufriedenheit ist.

Vorfreude auf das, was an musikalischer Vielfalt in den Neuen Kammern Sanssouci und der Friedenskirche, im Palmensaal im Neuen Garten und dem Schlosstheater, im Raffaelsaal in der Orangerie Sanssouci und in den einst hochherrschaftlichen Garten- und Parkanlagen von Potsdam geboten wird. Bestätigung darin, dass die Organisatoren einen wieder überrascht haben und Unzufriedenheit darüber, dass man nicht all die Wunschkonzerte, die schon nach wenigen Minuten auf einem Zettel aufgelistet werden, besuchen kann.

Insgesamt 31 Konzerte sind in diesem Jahr zu erleben. Darunter „Il Paride“ von Giovanni Andrea Bontempi, der diese Opera musicale 1662 anlässlich der Hochzeit von Prinzessin Erdmuthe Sophie von Sachsen mit Christian Ernst Markgraf von Brandenburg-Bayreuth im sogenannten „Elbflorenz“ uraufgeführt hatte und als Sänger selbst mit auf der Bühne stand. Das war Dresdens erste italienische Oper, wie Festspielleiterin Andrea Palent sagte. Eine Oper, die mit dem Urteil des Paris, der Entführung der Helena, die schließlich zum Trojanischen Krieg führte, beliebte Themen aus der griechischen Mythologie aufgriff.

Für die musikalische Leitung konnte Christina Pluhar vom Ausnahmeensemble L’Arpeggiata gewonnen werden, die mittlerweile zu den musikalischen Stammgästen bei den Musikfestspielen gezählt werden kann. Daneben wird es wieder eine Vielzahl von kleinen und großen Konzerten geben, die musikalische Verbindungen zwischen Potsdam und Dresden über die Jahrhunderte aufzeigen. Neben der Lauten Compagney Berlin und dem Ensemble Alla Polacca, dem Concerto Köln und dem Ricercar Consort ist es fast schon als Muss anzusehen, dass auch die Sächsische Staatskapelle Dresden auftreten wird.

Als Novum in der nunmehr 20-jährigen Geschichte der Festspiele muss das Eröffnungskonzert am Samstag, dem 11. Juni, bezeichnet werden. Wegen des Pfingstwochenendes hat sich die Festspielleitung dazu entschlossen, nicht wie sonst üblich, den Termin schon auf den Freitag zu legen. Und so dürfen die Kleinsten unter den Besuchern den Anfang machen. „Kindsein wie Friedrich“ ist das „Fürstliche Vergnügen“ in den Neuen Kammern der Bildergalerie Sanssouci umschrieben. Diese „Eröffnung für gekrönte Häupter ab 5 Jahren“ wird nun wohl auch den letzten Skeptiker dahingehend überzeugen, dass die Kinderprogramme bei den Musikfestspielen nicht einfach nur nette Bespielung am Rande sind.

Ebenfalls neu sind die vom Förderverein der Musikfestspiele initiierten Hausmusiken in privaten Potsdamer Villen, wie unter anderen dem Wohnhaus und der Galerie der Familie Sehmsdorf in der Bertinistraße, dem Haus Sedemund in der Mangerstraße oder der Villa der Familie Schulz-Fieguth. Hier wird mit Konzerten in Kleinstbesetzung die Tradition der Hausmusiken aufgegriffen. Zu erleben sind unter anderem mit Solokonzerten der Barockgeiger Anton Steck und der Gambist Philippe Pierlot. Musik in ganz persönlicher Atmosphäre, die bei einem Kartenpreis von 55 Euro aber nur einem überschaubaren Publikum vergönnt sein werden.

Gut 500 Jahre Musikgeschichte mit Werken von Vivaldi und Pisendel, Telemann und Schütz, Bach und Biber, von Webern und Wagner, da Falla und Rodrigo umfasst das Programm der Festspiele in diesem Jahr, so Andrea Palent. Alles vor dem Hintergrund von „Sachsens Glanz trifft Preußens Gloria“. Eine Beziehung zweier Länder, die von heftigen Auseinandersetzungen und einem immer währenden Wettbewerb geprägt war. Aber auch von prachtvollen Saufgelagen. Denn als 1728 Friedrich Wilhelm I. nach Dresden kam, um mit August dem Starken die bilateralen Beziehungen zu pflegen, frönten beide einer ihrer Leidenschaften: Dem ausgiebigen Umtrunk. Bis dahin soll August der Starke noch jeden anderen Herrscherkollegen bei derartigen Ausschweifungen unter den Tisch getrunken haben. Bei Friedrich Wilhelm I. gelang es ihm nicht. Kein Wunder also, dass die beiden sich so gut verstanden haben.

Der Kartenvorverkauf beginnt am heutigen Samstag an den bekannten Vorverkaufsstellen oder unter

www.musikfestspiele-potsdam.de

Dirk Becker

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