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Provozierende Graffiti. Julec Mann macht dem Betrachter ein Angebot.

© A. Klaer

„Zwei Generationen – Zwei Leben“ in der Sperl-Galerie: Zwischen Tag und Traum

Die Sperl-Galerie zeigt Bilder von Mutter und Sohn, von Natascha Mann und Julec Mann

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Das Erste, was man wahrnimmt, wenn man Natascha Manns Bilder anschaut, ist dieses Blau. Ein Farbton wie Tinte, ausgelaufen und zu Himmel oder Nacht geworden. Das sei das sogenannte Natascha-Blau, sagt Galeristin Ursula Sperl. Es leuchtet und strahlt in den Raum hinein. Und erinnert unweigerlich an die Malerei von Marc Chagall. Hier scheint sich Natascha Mann bedient zu haben, ebenso im Farbtopf mit dem liturgischen, mythischen Purpurrot des Kollegen.

Jetzt zeigt die Sperl-Galerie eine große Auswahl ihrer Malerei. „Zwei Generationen – Zwei Leben“ heißt die Ausstellung. Denn obwohl Natascha Mann schon einige Male in Potsdam ausgestellt hat, werden zum ersten Mal auch Bilder ihres Sohnes Julec Mann gezeigt. Zwei Maler, zwei Handschriften. In denen sich doch die eine oder andere Spur zueinander entdecken lässt.

Wer Natascha Manns Werk verfolgt hat, wird in den Bildern des 35-Jährigen unweigerlich auch etwas von der frühen Natascha Mann finden. Mitte der 1990er-Jahre malte sie, die sich heute in wilden und weichen Formen verausgabt, bisweilen ähnlich kantig. Packte abstrakte, geometrische Flächen wie eine Collage in einen Bezug zueinander.

Julec Mann liebt große Flächen, malt auch schon mal auf dem Boden, schiebt seine Formen in erdigen Tönen ineinander, übereinander, lässt Farbe drüber tropfen, wie aus Versehen, oder schwungvolle breite Pinselkringel, wie ein provozierendes Graffiti, das jemand anders hinterlassen hat. Weit weniger sinnlich als seine Mutter.

Julec Mann macht dem Betrachter ein Angebot. Und scheint zugleich zu sagen, dass es ihm wurscht ist, ob es dem gefällt. „Die Großen Sieben“ heißt ein abstraktes Triptychon. Von Sieben keine Spur. Der Maler scheint Spaß daran zu haben, Verwirrung zu stiften.

Bei Natascha Mann, geboren 1946, findet sich indes stets eine sinnliche Figürlichkeit, mal mehr, mal weniger aufdringlich ausgeprägt. Kein Bild ohne Menschen oder zumindest ikonenhafte, altertümliche Masken, stilisierte Augen, Fratzen, Gesichter im Profil. Sie schweben losgelöst von der Schwerkraft durch den Raum, zwischen Himmel und Erde, wie eine Reminiszenz an die Menschheitsgeschichte, das verlorene Paradies. Der Sehnsuchtsort Paradies – ein zentrales Thema von Natascha Mann.

So malt sie saftige, schwüle Vegetation mit Menschen, fast ausschließlich Frauen, die hier zwischen Blattgrün lagern, tanzen, warten, irgendetwas zelebrieren. Sie scheinen den Himmel anzubeten, die Natur zu umarmen. Ganz deren Teil zu sein. Unweigerlich fällt einem hier der große Südsee-Maler Paul Gauguin ein. Auch Natascha Mann reiste viel, hielt sich monatelang in Polynesien, Thailand und Kuba auf, brachte von dort ähnliche Inspirationen mit. Für sinnliche, erotisierende oder mythische Bilder mit Namen wie „Pflanzengeist“, „Zauberformel“, „Die Insel“, „Geheime Botschaft“.

Aber sie beschränkt sich nicht auf das Thema fernes Paradies. Sondern nimmt den bunten Stil mit in das Hier und Jetzt. So entstand ein warmes Familienporträt, im roten Pullover leuchtet das Mädchen zwischen den Erwachsenen. Beäugt, geborgen. Und doch ein wenig losgelöst. „Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum“ zeigt eine Frau zwischen drei Männern, mittendrin und doch etwas verloren, suchend, Hellblau und Ocker die dominierenden Farben dieser doch irgendwie liebevollen Begegnung, dieser luft-leichten Szene.

An anderer Stelle wird musiziert, verschmilzt der Mann mit seinen Musikinstrumenten, Gitarre, Bass und Trommel. Oder eine kleine Geige hängt im Bild – wieder etwas, das an Marc Chagall erinnert. Dann wiederum meint man, die aus sanften Linien fein gezogenen reduzierten Gesichter, Arme und Hände wie sanfte Flügel, bei Picasso gesehen zu haben.

Natascha Mann arbeitet auch mit Collagentechnik. Packt – manchmal fast unvermittelt – ein Stück Papier auf die Leinwand, irgendwo herausgerissen und jetzt wie ein Fremdkörper hineingearbeitet. Als wolle sie damit ein bisschen stören. Den ersten Eindruck auflösen. Manchen Bildern hat sie dem Acryl zudem Kreide hinzugefügt. Seltsame Linien, wie Überbleibsel einer Skizze.

„Wir habe ihre Bilder gesehen und uns gedacht, sie passt sehr gut zu uns“, sagt Galerist Rainer Sperl. Zur Vernissage kamen Julec Mann und Natascha Mann, die in ganz Europa und auch den USA ausstellt, aus ihrer Heimat in Bayern nach Potsdam. Bis zum 14. Mai sind die Bilder jetzt bei Sperl zu sehen.

Geöffnet Mittwoch bis Sonntag, 12 bis 18 Uhr. Friedrich-Ebert-Straße 4 (Erdgeschoss alte Fachhochschule).

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