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Kultur: „Zyniker war ich nie“

Zeichnungen des Karikaturisten Walter Hanel in der Landeszentrale

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Ein Star, einer der ganz Großen, frohlockt Martina Schellhorn, zuständig auch für die Ausstellungen in der Landeszentrale für politische Bildung. Über 80 satirische Zeichnungen des Karikaturisten Walter Hanel zeigt das Haus unter dem Titel „Menschen, Masken, Monster“ . Im Osten sei der Karikaturist Walter Hanel leider weit weniger bekannt als in der alten Republik. Während es bei Comedians heute eine Selbstverständlichkeit sei, gesamtdeutsch populär zu sein, sei es bei den satirischen Zeichnern immer noch anders, so Schellhorn. Die Werkschau Hanels soll dies nun ändern helfen.

Hanel hat vierzig Jahre lang für beinahe alle großen Tageszeitungen politische Karikaturen geliefert. Herald Tribune, Time Magazin, Spiegel. Zwei Jahrzehnte lang hat er beinahe täglich für die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Tagespolitik begleitet. Sein unverwechselbarer Strich wurde zum Blick des Lesers und zum alltäglichen Spiegel für die großen Akteure der Bundespolitik. Neben Kohl, Genscher und Mitterand zeigt die Schau aber auch den anderen, den „freien“ Hanel.

Hanel, der in den berühmten Kölner Werkschulen ausgebildete Zeichner, sieht auch außerhalb der Politik mit abgeklärtem Humor auf die Welt. Das Rabenschwarze der Zeichentinte extrahiert er in seinen vielschichtigen Gesellschaftsbetrachtungen. Der Rabe wurde zu so etwas wie ein Leitmotiv. Der 1930 in Teplice geborene und über Leipzig 1950 in die Bundesrepublik übergesiedelte Künstler hätte ohne diese kreative andere Seite wohl nicht so lange das satirische Gewissen der Nation sein können, vermutete die Kunsthistorikerin Gisela Burkamp bei der Eröffnung. Ihr und ihrem Mann ist es zu verdanken, dass die Werkübersicht nach ihrer Station im Bonner Haus der Geschichte in Potsdam Station macht .

Ist es Verdruss oder Realismus, wenn Walter Hanel sagt, nach drei durchgezeichneten Legislaturperioden wäre von der Thematik her eigentlich schon alles gesagt? Über zehn Wahlperioden hat er selbst durchgehalten. Hanel bestätigt den Verdacht, dass die Politikergesichter der Generation nach Strauß, Genscher und Kohl für einen Zeichner langweiliger geworden wären. Hanel überlegt kurz und nennt ein besonders schwer zu zeichnendes Beispiel der aktuellen Politik. Profalla, den CDU-Fraktionsvorsitzenden. Und Platzeck? Wegen der dunklen Augen „gut“ zu zeichnen, aber der wäre jetzt ja wieder weg. Zum Zyniker sei er nicht geworden, doch ganz spurlos ist die ständige Beschäftigung mit den Köpfen aus Bonn und Berlin an ihm aber auch nicht vorüber gegangen. „Es ist, als ob man versucht, eine Kohlehalde hinaufzulaufen, und immer wieder hinabrutschen - eines Tages wird man müde.“ Walter Hanel sieht man weder diese Müdigkeit noch seine 76 Lebensjahre an. Er zeichnet weiter, wenn auch nicht im Tagesgeschäft.

Ist es vorgekommen, dass jemand sich durch ein Porträt von ihm verletzt fühlte? Dem Karikaturisten fällt nur die Kirche ein, mit der er Probleme hatte. Das läge daran, dass Karikaturisten „nicht mit Grauwerten“ arbeiten könnten. „Es gibt für uns nur Schwarz und Weiß, da geht halt manchmal etwas nach hinten los.“ Die Politiker wären nie böse gewesen. Die würden ihn regelrecht sammeln! Wie im Kabarett sei es, in dem die Politiker in der ersten Reihe säßen und sich selbst applaudierten. Mit seiner Zunft geht Hanel deshalb kritisch um. „Wir Karikaturisten haben die Großkopferten noch populärer gemacht.“ Matthias Hassenpflug

Bis 12. 10., Mo- Mi 9-18 Uhr, Do -Fr 9-15 Uhr, H.-Mann-Allee 107, Haus 17.

Matthias Hassenpflug

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