Potsdam-Mittelmark: 60 seltene Pflanzenarten im Landkreis gefährdet
Was blüht uns da? – Antworten auf der mittelmärkischen Naturschutzkonferenz
Stand:
Potsdam-Mittelmark - Oft zeigt sich erst auf den zweiten Blick, dass sandige Ödflächen auch bunt sind und voller Leben. Sandstrohblumen, Mauerpfeffer, Silbergras und Grasnelken bilden bunte Blütenteppiche, die Lebensraum für Schmetterlinge, Käfer und Grabwespen sind. Botanischer Artenschutz war ein wichtiges Thema der mittelmärkischen Natuschutzkonferenz am Wochenende im Götzer Gewerbezentrum. Andreas Herrmann vom Landesumweltamt ging mit seinem Vortrag der Frage nach: Was blüht uns da?
Brandenburg ist naturgemäß reich an Binnendünen, die allerdings meist aufgeforstet wurden. Herrmann verwies auf großflächige Sandtrockenrasen, wie sie beispielsweise westlich der Nuthe-Nieplitz-Niederung, an der mittleren Havel-Niederung bei Deetz, im Hohen Fläming und auch in der Parforceheide bei Teltow und Stahnsdorf zu finden sind. Zu den dort wachsenden Pflanzengesellschaften zählen Silbergras und Grasnelke, die als gefährdet gelten durch Kies- und Sandabbau. Ebenso beeinträchtigt Bebauung und Aufforstung diesen Lebensraumtyp, der im Landschaftsrahmenplan des Kreises unter der Nummer 2330 kartiert wurde und Schutz als Biotop genießt. Besonders die zartrosa Blütenköpfe der Grasnelke – die ab April das Winterende anzeigen und als Trockenstrauß beliebt sind – gehören zu einer regionaltypischen Art Brandenburgs, die in anderen Gegenden Mitteleuropas nicht so häufig anzutreffen ist.
„Für diese Arten sind wir verantwortlich, weil bei uns das größte Verbreitungszentrum ist“, so Herrmann. Eine weitere Besonderheit sind natürliche Binnensalzstellen wie am Ostufer des Großen Plessower Sees. Zu dramatischen Einbußen salzrelevanter Biotope führte Melioration, die die Sole direkt über Entwässerungsgräben ableitete.
Landschaftsprägend war einst auch der Lungenenzian, der jetzt nur noch an wenigen Orten zu finden ist. Jungpflanzen wurden schon lange nicht mehr gesichtet, nur noch alte Bestände von Mutterpflanzen, wie die in der Nähe von Wusterwitz und am Plessower See. Veränderte landwirtschaftliche Nutzungen und Grundwasserabsenkung sind häufig dafür verantwortlich, dass einst heimische Pflanzen vom Aussterben bedroht sind.
Im Landkreis gelten rund 60 seltene Arten als gefährdet. Dazu gehört die Herbstzeitlose, die noch in den Beelitzer Katzenbergen und in Belzig vorkommt, aber am einstigen Standort Fiener Bruch und Salzbrunn bereits als erloschen gilt. Das früher allgegenwärtige Breitblättrige Knabenkraut ist inzwischen nur noch auf wenigen Feuchtwiesen im Kreisgebiet zu finden. Das Ziel, diese Art zu erhalten, bewertet Herrmann bereits als verfehlt, da die nötigen Bedingungen nicht aufrechterhalten werden könnten. Dabei zeigen spezielle Techniken wie Handmahd im Gebiet nahe dem Emsterkanal, dass sich der Orchideenbestand des Breitblättrigen Knabenkrautes dort durch eine gezielte Mahd bereits erhöhte und auch der Lungenenzian gedeiht am gleichen Standort.
Zwar gelten Landwirtschaft, Zersiedlung, Waldwirtschaft und neue Verkehrsanlagen als Hauptstörenfriede im Lebensraum von Flora und Fauna, doch hin und wieder gebe es auch manche Überraschung der Neuzeit, berichtete Hermann. So sei in einer lehmigen Senke in der Uckermark, erst kürzlich überraschend die Alge Chara baueri aufgetaucht, die zuletzt 1840 gesichtet wurde und seither nur noch in Kasachstan vorkomme. Herrmanns Fazit: „Nicht an Dogmen festhalten, sondern Althergebrachtes neu bedenken!“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: