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Potsdam-Mittelmark: 75 Kilo am Haken
Der Wels breitet sich in der Havel aus. Fischer sind skeptisch, doch mancher Angler freut sich über den Boom.
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Potsdam-Mittelmark - Stundenlang wartet Jan Borek an einem klaren Wintertag darauf, dass sein 20 Zentimeter großer Gummifischköder einen Wels anlockt. Plötzlich ist es soweit, die Angelrute spannt sich. Borek muss aufstehen, sich mit seinem ganzen Gewicht dagegenstemmen. Etwas Großes hat angebissen. Er löst den Anker, damit das Boot nicht kippt – ein 2,16 Meter großes Exemplar zieht am Haken. Eine halbe Stunde dauert der Kampf, bevor der Raubfisch an der Wasseroberfläche erscheint. Borek schwitzt, zieht das 75 Kilo schwere Tier mit einem Griff in den Unterkiefer, der ihm als Henkel dient, aus der Havel ins Boot.
Welsangler wie Borek können sich freuen: In den letzten zehn Jahren haben sich die Welse in Havel, Spree und Dahme sowie den brandenburgischen Seen massiv ausgebreitet. „Das hat mittlerweile Überhand genommen“, berichtet auch Werders Anglervereinschef Wolfgang Hinze. Immer wieder hört er von spektakulären Welsfängen. Um die Tiere aus der Tiefe hervorzulocken und sie dann auch noch ins Boot zu hieven, benötige man Erfahrung und schweres Gerät.
Der Fischereibiologe Uwe Brämick hat das Verhalten dieses Fisches dokumentiert. Brämick ist Leiter des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow und führt seit 1996 ein Fischartenkataster. „40 Prozent der Seen in Brandenburg sind vom Wels besiedelt – das ist sehr viel“, sagt der Biologe. Vor zehn Jahren sei der Wert halb so hoch gewesen. Die Berufsfischer in Brandenburg hätten früher fünf bis sechs Tonnen Wels pro Jahr gefangen, heute würden 15 Tonnen des fettigen Räubers im Netz landen. Und das, fügt Brämick hinzu, sei auch nur eine grobe Schätzung. „Nicht jeder Fischer meldet uns all seine Fänge.“
Der Wels breitet sich in den hiesigen Gewässern so sehr aus, dass das Land eingegriffen hat. Die Obere Fischereibehörde hat 2009 die ehemals geltenden Schutzinstrumente, die Schonzeiten sowie die Mindestgröße, nicht nur heruntergesetzt, sondern komplett abgeschafft. „Es gibt deutliche Hinweise, dass die Population stark zugelegt hat“, so Heiko Harder, Mitarbeiter der Oberen Fischereibehörde.
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