Potsdam-Mittelmark: 95 Jahre – und jung wie nie zuvor
Feuerwehr Michendorf feiert Jubiläum / Neue Wehrführung stellt sich vor
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Michendorf - Günter Loch weiß noch, wie er damals zur Freiwilligen Feuerwehr Michendorf gekommen ist: Bürgermeister Hans Wendel hatte 1956 alle jungen Männer im Ort zum Beitritt aufgerufen, weil zu dieser Zeit eklatanter Personalmangel herrschte. „Wir hatten nur einen Tragkraftspritzenanhänger, und wenn kein Lkw aufzutreiben war, mussten wir ihn per Hand ziehen. Die Leute haben dann aus dem Fenster gerufen: Schneller, schneller, es brennt.“
Günter Loch hat die Michendorfer Wehr ein gutes Stück begleitet, war zwischen 1993 und 2003 ihr Leiter und feierte im vergangenen Jahr sein 50-jähriges Dienstjubiläum. Ende August steht wieder ein Jubiläum an: Die Michendorfer Feuerwehr wird 95. Zu diesem Anlass wird es am 1. September einen Festumzug mit allen Michendorfer und den befreundeten Wehren geben. Am Nachmittag öffnen sich dann die Türen des Depots in der Potsdamer Straße 57. Hier können sich die Besucher ein Bild vom Ausrüstungsstand und den vielen Einsatzgebieten machen – und die neue Wehrleitung kennenlernen.
Die ist nach 95 Jahren FFW Michendorf so jung wie nie zuvor und wohl auch nirgendwo sonst im Landkreis: Nachdem der bisherige Ortswehrführer Dirk Noack an die Spitze der Gemeindewehr aufgerückt ist, hat der 24-jährige Martin Griebel die Leitung in Michendorf übernommen. Der gelernte Heizungs- und Lüftungsbauer ist gebürtiger Michendorfer, arbeitet hier im Ort und ist seit 1993 in der Feuerwehr. Seine beiden Stellvertreter sind 21 und 31 Jahre alt. Man könne wohl von einem Generationswechsel sprechen, sagen sie.
Dem pflichtet Feuerwehrveteran Günter Loch bei: Die Ausbildung sei wesentlich umfangreicher geworden und auch die Aufgaben hätten sich verändert, „zu DDR-Zeiten wäre niemand darauf gekommen, uns zu Unfällen auf die Autobahn zu schicken“. Größtenteils wurden Brände gelöscht, Loch erinnert sich anein großes Feuer im Jahr 1976, als am Dreieck Potsdam 400 Hektar Wald in Flammen standen und jede Feuerwehr der Umgebung im Einsatz war. „Kilometerweit musste das Wasser aus dem Schwielowsee und dem Wasserturm in Seddin gepumpt werden.“ Sogar die Rote Armee rückte mit Schiebepanzern an, um Wälle aufschütten und den Brand einzudämmen.
Heute geht es hauptsächlich darum, technische Hilfe zu leisten, berichtet Martin Griebel, zum Beispiel bei Autounfällen. Zum Einsatzgebiet gehören neben den Straßen in der Großgemeinde auch Abschnitte der drei Autobahnen A 9, A 10 und A 115. Technische Hilfe bedeutet aber auch, bei Unwettern auszurücken. Beim Sturm Kyrill im Januar waren die Michendorfer an insgesamt 86 Einsatzorten beschäftigt. Auf 74 Einsätze insgesamt haben sie es in diesem Jahr schon gebracht.
Pünktlich am 31. August soll eine Chronik erscheinen, und da Feuerwehrgeschichte auch immer ein Stück Ortsgeschichte ist, dürfte sie jeden Michendorfer interessieren. Von der Gründung der Feuerwehr 1912 durch Bauern, Handwerker und Gewerbetreibende über den Bau des Spritzenhauses in der Flottsteller Straße bis hin zum ersten großen Einsatz sind alle Denkwürdigkeiten festgehalten. So mussten sich bei einem Hausbrand in Geltow in den 20er Jahren die Kameraden noch mit Pferden auf den Weg zum Einsatzort machen.
Der Fuhrpark ist heute natürlich wesentlich moderner, zum Bestand gehören ein Tanklösch- und ein Löschfahrzeug sowie ein Rüstwagen, der alte LO wird ebenfalls gehegt. Auch von Nachwuchsmangel wie in den 50ern kann keine Rede sein: Neben den 35 aktiven Kameraden gibt es 20 Mitglieder in der Jugendfeuerwehr. Die Michendorfer Feuerwehr wird also auch in den nächsten Jahren kaum älter. Thomas Lähns
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