Von Henry Klix: Abschied vom Stahnsdorfer Obi
Silvester um 13 Uhr schließt der Markt im Greenpark – die Gründe liegen weiter im Dunkeln
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Stahnsdorf - Im Stahnsdorfer Obi-Baumarkt sieht es aus wie in einem Restelager: Ganze Regalreihen sind leergefegt und wo früher die Fliesen ausgestellt waren, ist eine Freifläche entstanden. Ein kleiner Junge rast darauf mit seinem Spielzeuglaster umher, während Papa die letzten Zementsäcke taxiert. „Am Montag haben sie uns die Bude eingerannt“, sagt ein Mitarbeiter. Da hatte die 30-Prozent-Aktion begonnen, Schnäppchenjäger füllten ihre Einkaufswagen mit der letzten brauchbaren Ware. Gestern ging es deutlich gemächlicher zu, die aufgerissenen Kartons auf den Gängen passen irgendwie zum Schmuddelwetter – Silvester um 13 Uhr ist hier Schluss für immer.
Deutschlandweit gibt es 333 Obi-Märkte, neun davon in Berlin. Auch an den letzten Tagen gibt es Rätselraten, warum der Obi in Stahnsdorf seine Pforten schließt, während es in Köln, Bonn oder Freiburg neue Märkte gibt und in Erding bei München gerade erweitert wurde. Finanzkrise? Zu viel Konkurrenz? Eine neue Strategie? Oder sind hier einfach nicht mehr dieselben Geschäfte zu machen wie beim Start vor 15 Jahren? Der Stahnsdorfer Geschäftsführer gibt keinen Kommentar und die Unternehmenszentrale in Wermelskirchen reagiert knapp auf Anfragen. Grund für das Aus sei, dass „der Mietvertrag ausläuft und uns das Objekt nicht gehört“, sagt Unternehmenssprecherin Edelgard Luchtenberg. Allerdings weiß man in der Greenpark-Zentrale auch nichts davon, dass Obi das Objekt kaufen wollte.
Die „Aufräumarbeiten und Warenumlagerungen“ sollen im Februar abgeschlossen sein, sagt Luchtenberg. Viel war schon gestern nicht mehr da: Ein Kunde begutachtet skeptisch eine der letzten Badarmaturen auf dem Ramschtisch mit um 70 Prozent reduzierten Ausstellungsstücken. Ein älterer Bastler aus Kleinmachnow ist sauer, dass er seinen „Wunschzettel“ mit Elektrotechnik nicht abarbeiten konnte. Nur zwei Säcke Flexkleber sind an der Kasse im Wagen. „Die brauche ich eigentlich erst im Frühjahr, aber für 30 Prozent gehen wenigstens die noch mit.“ Für ein junges Paar aus Potsdam war der Einkauf besonders enttäuschend: Die beiden hatten in einem Werbeflyer ein günstiges Alu-Steckregal gesehen und im Internet nach dem nächsten Obi geschaut. „Wir wussten nicht, dass der dichtmacht und die Angebote nicht gelten.“ Am Ende sei das Regal – trotz der 30 Prozent – noch 5 Euro teurer gewesen als auf dem Flyer. Heute und morgen soll es weitere Rabatte geben, aber da schon seit längerer Zeit nicht mehr angeliefert wird und wertvolle Artikel zu Berliner Obi-Filialen umgezogen sein sollen, sind Geschäfte allenfalls mit Rosendünger oder Klodeckelbezügen zu machen.
Die Stimmung bei den Stahnsdorfer Mitarbeitern ist immerhin nicht ganz am Boden, wie Ingold Phenn aus der Imbissbude vor dem Eingang erzählt. „Die haben alle Jobs in anderen Märkten bekommen.“ Unternehmenssprecherin Luchterberg sagt es so: „Wir sind stolz darauf, dass wir trotz schwieriger Zeiten allen Mitarbeitern einen Arbeitsplatz anbieten können.“ Auch Ingold Phenn behält ihren Job: Die Imbissbude bleibt bestehen, auch wenn sich der Obi-Chef nun nicht mehr täglich seine Pommes mit Bratwurst holen wird. An der Straße entsteht sogar ein zweiter Imbiss: In einem eleganten Neubau wird am 6. Januar Lins „Chopsticks“ mit asiatischer Schnellküche eröffnen. In Stahnsdorf vertraut man offenbar auf eine Zukunft für den Obi-Standort.
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