Potsdam-Mittelmark: Acht Jahre Haft für Posträuber
Bewaffnete Überfälle in Potsdam-Mittelmark: Thüringer ging stets auf dieselbe Art vor, um Geld zu erbeuten
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Die Überfälle liefen immer gleich ab. Kai H. betrat eine Postfiliale, forderte mit ruhiger Stimme alles Geld, was da sei, zeigte der jeweiligen Mitarbeiterin eine Softair-Waffe, die auf den ersten Blick von einer Maschinenpistole nicht zu unterscheiden war und verließ den Tatort mit seiner Beute anschließend gemächlichen Schrittes. Bis er gefasst wurde. Die 2. Große Strafkammer des Landgerichts verurteilte den 39-jährigen Thüringer am Montagnachmittag wegen schweren Raubes in vier Fällen sowie zweifacher schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Damit blieb die Kammer ein Jahr unter dem Antrag von Staatsanwalt Matthias Kolb. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Potsdam vom 29. Juni 2011 bleibt wegen des „hohen Fluchtanreizes aufrechterhalten und in Vollzug“, so der Vorsitzende.
Kai H. hatte zum Prozessauftakt Ende vergangenen Jahres gestanden, zwischen September 2011 und Juni 2012 Postagenturen in Brück, Borkheide, Kloster Lehnin und Fichtenwalde überfallen zu haben, letztere gleich zweimal (PNN berichteten). Im Oktober 2011 beraubte der Arbeitslose zudem eine Filiale in Sachsen-Anhalt. Mit der Beute von rund 45 000 Euro beglich er vor allem die hohen Schulden seiner Partnerin, finanzierte aber auch zwei Urlaube für sich, die Frau und den gemeinsamen Sohn. Auf die aus Thüringen stammende Frau hatte das Gericht viermal umsonst gewartet. Da die Kammer auf die Aussage der 31-Jährigen nicht verzichten konnte, wurde sie am Montag von der Polizei vorgeführt. Im Zeugenstand bekundete die gelernte Köchin, sie habe nicht gewusst, woher Kai H. das Geld hatte, ihre Schulden zu bezahlen. Als sie von den Überfällen erfuhr, sei sie „richtig sauer gewesen“. Dennoch wolle sie zu ihm halten, schon wegen des Kindes, zu dem er ein gutes Verhältnis habe.
Die Vita des Angeklagten sei die eines Berufsverbrechers, so Kammervorsitzender Tiemann in seiner Urteilsbegründung. Die kriminelle Karriere des ehemaligen Heimkindes begann 1990 mit Diebstählen und Hehlerei. 13 Einträge weist das Vorstrafenregister von Kai H. auf, meist Eigentumsdelikte, aber auch unerlaubter Waffen- und Drogenbesitz. Mehrfach saß er hinter Gittern. Zuletzt wurde der Mann im Jahr 2006 zu fünf Jahren und vier Monaten verurteilt, die er voll verbüßte. Kaum hatten sich die Gefängnistore geöffnet, begann er seinen Beutezug durch mittelmärkische Postagenturen.
Eine Freiheitsstrafe von acht Jahren sei für sechs Verbrechen, die vom Angeklagten verübt wurden, „durchaus kein hartes Urteil im Sinne des Gesetzes“, betonte der Vorsitzende. Bei der ausgesprochenen Sanktion habe die Kammer das umfassende Geständnis des Angeklagten strafmildernd gewertet, ebenso seine „bedrohliche finanzielle Situation“. Auch habe er bei den Überfällen keine körperliche Gewalt ausgeübt, die vermeintliche Maschinenpistole nicht direkt auf die Opfer gerichtet. Dennoch – dies sei zu seinen Lasten zu werten – habe er die Postmitarbeiterinnen in Todesangst versetzt. Noch heute leiden die meisten von ihnen unter Schlaflosigkeit, Angstzuständen oder Albträumen. Die Inhaberin der Filiale in Fichtenwalde, die Kai H. gleich zweimal heimsuchte, musste ihren Beruf aufgeben.
Zum Tatzeitpunkt habe er sich keine Gedanken über die Folgen seines Handelns gemacht, sagte Kai H. am Montag. Er habe geglaubt, lediglich der Post zu schaden. Als ihm klar wurde, was er angerichtet hatte, habe er sich bei den Frauen entschuldigt, um nicht als „der böse Bube dazustehen“, für den sie ihn vielleicht gehalten haben. Das Landgericht Potsdam verpflichtete ihn deshalb auch zur Zahlung von jeweils 5000 Euro Schmerzensgeld an zwei seiner Opfer.
Gabriele Hohenstein
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