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Potsdam-Mittelmark: Äcker unter Wasser, Erlöse im Keller

„Purer Idealismus“ der Bauern: Landwirte zeigten Landrat Lothar Koch ihre Probleme auf

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Potsdam-Mittelmark - Mal ist es zu feucht, dann wieder zu trocken. Mit den Wetterkapriolen der vergangenen Jahre haben die mittelmärkischen Bauern ihre liebe Not: Bereits im vergangenen Spätsommer hatten massive Regengüsse zu Ausfällen bei der Getreideernte von bis zu einem Drittel geführt. Im Moment stehen wieder zahlreiche Äcker und Wiesen in der Region unter Wasser. Jetzt besuchte Landrat Lothar Koch (SPD) auf Einladung des Kreisbauernverbandes (KBV) mit seinem Verwaltungsstab Landwirtschaftsbetriebe bei Beelitz. Den Kopf stehenden Wasserhaushalt nahm er als eines der dringendsten Probleme mit nach Belzig.

Mit Hilfe der Grabennetze ließe sich die Pegel zwar regulieren, doch für eine flächendeckende Bewirtschaftung fehlt das Geld. Verantwortlich für die Instandhaltung der Gräben und den Betrieb der Staudurchlässe sind die Wasser- und Bodenverbände (WBV) – und die finanzieren sich nur aus den Beiträgen der Bodennutzer. „Die Mittel sind sehr begrenzt“, sagte Karl-Ludwig Syring, Spargelbauer und Vorstandsmitglied im WBV Nuthe. So weit es geht, werde bereits auf starke Regengüsse reagiert, doch müsse sich der Verband um insgesamt 60 000 Hektar kümmern. „Es wäre gut, wenn das Land zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen würde.“ Landrat Koch will in den nächsten Wochen eine Wasserkonferenz mit den Verbänden, den Bauern und dem Agrarministerium einberufen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Auch in anderen Bereichen setzt der Kreis auf den Dialog mit den Landwirten. Was die Erteilung von Bau- und Abrissgenehmigungen durch die Belziger Bauaufsicht angeht, werde in Zukunft stärker geschaut, wo Anträge bevorzugt behandelt werden können. „Der Unterschied, ob jemand ein Carport bauen oder seinen Betrieb erweitern will, sollte eine größere Rolle spielen.“

Oft seien Anträge jedoch unvollständig, konterte Koch auf den Vorwurf einer zu bürokratischen Arbeitsweise. Die Behörde müsse dann Informationen nachfordern. Zudem müsse in vielen Bereichen durch den Kreis kontrolliert werden. Die Verantwortung für Statik und Brandschutz könnte laut Landrat auch den Planungsbüros übertragen werden. Das jedoch gebe die Brandenburgische Bauordnung im Moment nicht her.

Insgesamt äußerte die Spitze der Kreisverwaltung Verständnis für die Probleme der mittelmärkischen Bauern. Geradezu „unanständig“ sei die Diskrepanz zwischen Produktionskosten und den letztlich erzielten Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse. „Der Hang zum Geiz macht sich bemerkbar“, so Koch.

Als gravierend wurden auch die Preissteigerungen empfunden: Allein die Kosten für Dünger seien im vergangenen Jahr um 30 bis 40 Prozent geklettert, sagte Bauernverbands-Vorsitzender Wolfgard Preuß. Hinzu kämen höhere Energie- und Bodenpreise. Die Steuern drücken ebenfalls aufs Portmonee: Allein im vergangenen Jahr musste sein Betrieb in Ziesar 100 000 Euro an den Staat abführen. Mit EU-Fördermitteln ließen sich diese Belastungen künftig nicht mehr ausgleichen: Die Modulationsrate, also der Anteil, welcher zur Umverteilung auf Betriebe in schwächeren Regionen gleich von der EU einbehalten wird, soll von derzeit fünf auf 17 Prozent im Jahr 2012 klettern, so Preuß. „Wie soll man da noch Eigenkapital bilden?“

Und trotzdem wird weitergearbeitet, „aus purem Idealismus“, wie Landwirt Lutz Rabe aus dem Beelitzer Gemeindeteil Körzin sagt. Sein Familienbetrieb bewirtschaftet 200 Hektar mitten im Naturpark Nuthe-Nieplitz – zur Futtermittelgewinnung für die rund 70 eigenen Milchkühe. Die Produktion im Schutzgebiet ist mit strengen Auflagen verbunden, so darf Rabe zum Beispiel erst ab Mitte Juni mit dem Trecker auf die Wiesen, wenn andere Landwirte schon längst den ersten Heuschnitt eingebracht haben. Er hat eine Tugend daraus gemacht und den seit über 150 Jahren bestehenden Hof vor acht Jahren zum Biobetrieb umgewandelt. Mehr Geld stehe trotzdem nicht unterm Strich.

Auch in Buchholz geht es weiter. In den einstigen LPG-Ställen am Rande des Dorfes hält die heutige Agrargesellschaft über 680 Mastrinder. Elf Mitarbeiter sind hier angestellt und bearbeiten zudem 850 Hektar Grün- und Ackerland. Das wird in der Region anerkannt. Die Landwirtschaft nicht nur als Arbeitgeber, sondern auch als gesellschaftlicher Anker im Dorf – zumindest in Beelitz und Belzig weiß man um ihren Wert. In Berlin und Brüssel lässt diese Erkenntnis laut Bauernverband jedoch noch auf sich warten. Thomas Lähns

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