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Potsdam-Mittelmark: „a.D.“ heißt Ade

Militärhistorischer Ausflug der PDS Werder: Generalmajor Hans-Georg Löffler und der Kalte Krieg

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Militärhistorischer Ausflug der PDS Werder: Generalmajor Hans-Georg Löffler und der Kalte Krieg Von Gerold Paul Werder - Armeen sind zum Kämpfen da, sie können siegen oder verlieren. Wer im Frieden untergeht, scheint besonders übel dran, er muss den Gewinnern gehorchen. Anders als fast die ganze Polizei, wurde 1990 mit der Vereinigung Deutschlands und seiner Armeen der größte Teil des Offizierskorps/Ost nicht übernommen, man schickte die NVA-Elite unter nicht eben edlen Bedingungen in die Arbeitslosigkeit, kürzte ihre Renten und verbot sogar, bei 5-jähriger Haftandrohung, den Gebrauch des Kürzels a. D. Kein Wunder, wenn sich um diese zwei Buchstaben am Dienstag im Werderaner Inselhotel mancher Bitterzank erhob, als Generalmajor Hans-Georg Löffler über seine Lebenserinnerungen als „Soldat im Kalten Krieg“ sprach, 2001 als Buch erschienen. Auf Einladung des PDS-Ortsverbandes und einer „Territorialen Initiativgemeinschaft“, die sich „dem Schutz der sozialen Rechte“ ehemals „bewaffneter Organe“ verschreibt, stellte er das Buch samt seiner Vita vor Veteranen, Betroffenen und Gleichgesinnten vor. Der Mann hat die beiden höchsten Militärakademien der Sowjetunion mit Bestnoten absolviert, er ist eloquent und in der Argumentation sicher. Nur auf die Frage nach einer zweiten, geheimen Variante bei Abwehr der Nato, wovon man Mitte der achtziger Jahre fest ausging, schweigt er: Militärische Heimlichkeiten werden auch heute nicht verraten, Genossen, jetzt Kameraden genannt, weiterhin nicht „belastet“, denn plauderte einer, so könnte mancher Prozess neu aufgerollt werden. Korpsgeist und Offiziersehre, auf die Löffler so stolz ist wie auf seinen Beitrag zur Friedenssicherung bis 1989 in der Friedensarmee NVA, die er bestens von oben her kennt. Die NVA habe viel zur Stabilität in Europa beigetragen, mithin einen neuen Weltkrieg verhindern helfen, es gäbe also keinen Grund, sich zu schämen. Anders als andere habe er 1990 seine Generalsuniform nicht „verscherbelt“, sie hänge „an einem würdigen Platz“, und das bleibe auch so. Und doch heißt für Seinesgleichen „a. D.“ auch Ade. Löfflers Sicht auf die Dinge unterschied sich kein Deut von der seiner Partei, welcher er bis 1990 angehörte, doch der PDS zeigte er bald den Rücken. Wegen Gysi. Er stieg 1955 auf vorerst zehn Jahre bei der Kasernierten Volkspolizei ein, ein Jahr später wurde die NVA gegründet. Am Ende seiner Karriere war er Generalmajor im Hauptstab zu Strausberg, als „Chef der Verwaltung Organisation“. Jede Beförderung und Delegierung ins Bruderland Sowjetunion sah er als Ehre an, er lässt auf die Moskauer Mitstreiter so wenig kommen wie auf seine eigenen Leute, und hob auch die hohe Motivation der einfachen Soldaten bei der Friedenssicherung hervor. Schade, dass man Anfang der 60er Jahre das chinesische Modell wieder abgeschafft hat, wonach jede hohe Charge für vier Wochen in die Stuben der Wehrdienstler geschickt wurde, vielleicht hätte der heutige Bliesendorfer auch anderes bemerkt. Doch „Frosch oder Adler“ war kaum ein Thema dieses gutbesuchten „militärhistorischen Abends“, wo manch altem Kameraden noch heute der Haudegen im Gesicht zu stehen schien. Nur als ein Pazifist, dessen Sohn sich ob des „Sklavendienstes“ in der NVA das Leben nahm, dem Mot-Schützen-General widersprach, kam Unruhe auf. Man wird sich zusammensetzen und reden. Versöhnung im kleinen, Versöhnung mit dem einstigen Feind, auch wenn einige Kollegen „Dienst in fremden Streitkräften“ tun. Man erfuhr ja auch, dass im Irak-Iran-Krieg (Achtziger) russische Militärberater für beide Seiten arbeiteten, hoffentlich haben sich die nicht gegenseitig umgebracht. Jedenfalls hoben Redner und Diskutanten immer wieder hervor, nie auf Menschen geschossen zu haben. Die Grenzer mussten das schon – auf höheren Befehl. Spätestens als sich sein Kraftfahrer in Westberlin das Begrüßungsgeld abholte, wusste auch der Autor, es ist vorbei. Er zeigte eine Folie mit Panzern, die 1990 auf ihre Konversion warteten: „ein trauriges Bild“ - fand der „a.D.“ Leidenschaftliche Diskussion, Disziplin: Bevor eine Frau ihre Frage stellte, entschuldigte sie sich, als Unterleutnant „nur 11 Jahre“ gedient zu haben, zweite erzählte von ihren Söhnen: einer sei selbstverständlich zur Friedensarmee gegangen, den anderen habe sie so erzogen, dass er die Bundeswehr verweigerte. Keine Armee des Volkes. Ein Dritter kam, seinen ehemaligen Vorgesetzten Löffler wiederzusehen, nur so. Wie immer auch, man fühlt sich besiegt, verletzt, degradiert, in Rentensachen gestraft, betrogen. Man hält zusammen, bis der letzte Mann Ade sagt. Der „50.“ zur NVA wird jedenfalls groß aufgezogen – in Werder 2006. Hans-Georg Löffler, „Soldat im Kalten Krieg. Erinnerungen 1955-1990“, Biblio Verlag, 366 Seiten.

Gerold Paul

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