Von Peter Könnicke: Alibi oder Verpflichtung
Wegen der bevorstehenden Kündigungen organisierte Ebay in Kleinmachnow eine Jobbörse
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Kleinmachnow - Für Personaldienstleister waren es paradiesische Verhältnisse. Wer sein Geld damit verdient, für andere Unternehmen gute Leute zu rekrutieren, der hatte am Samstag im Europark leichtes Spiel. 400 gut geschulte und versierte Mitarbeiter des Internet-Auktionshauses Ebay suchen einen neuen Job – ihr bisheriger Arbeitgeber hat für sie am Standort in Dreilinden keine Verwendung mehr. In der Callcenter-Branche stieß die Nachricht auf helle Ohren. „Der Bedarf an Mitarbeitern ist enorm“, erklärt Dana Lindemann vom Personaldienstleister epos – stellvertretend für knapp 20 Unternehmen, die auf der samstäglichen Jobbörse im Europark 660 Stellen feilboten.
Dass die Messe nur für die Ebay-Mitarbeiter organisiert wurde, die in wenigen Wochen ihren Job verlieren werden, nannte Unternehmenssprecher Nerses Chopurian eine „Verpflichtung“. „Wir wollen so viel Hilfe wie möglich anbieten“, sagt er, während Isabel Wolling von der Agentur für Arbeit die firmeninterne Jobbörse als „einmalig“ lobt.
Für die Betroffenen ist das ein schwacher Trost. „Die Enttäuschung bleibt“, sagt eine Mitarbeiterin, ohne ihren Namen nennen zu wollen. Nach wie vor sei nicht zu verstehen, warum ein wirtschaftlich äußerst erfolgreiches Unternehmen, dessen Ansiedlung in Brandenburg mit zehn Millionen Euro subventioniert wurde, auf einen Schlag 400 Leute entlässt. Die Ebay-Chefetage begründet die radikale Maßnahme mit einer Neu-Strukturierung des Europa-Geschäftes, das von Kleinmachnow nach Dublin verlegt wird. Gewerkschaften und die geschasste Belegschaft geißeln die Kündigungen indes als überambitionierte Sparmaßnahme. Die Jobbörse habe den Anstrich einer „Alibi-Veranstaltung“, bedauerte die Mitarbeiterin. „Die wollen nur ihr Image polieren.“
Dennoch: Arbeit gibt es. Und glaubt man Personaldienstleistern und Unternehmensvertretern an den Messeständen, werden Ebay-Leute mit Kusshand genommen. Sie sind sprachgewandt, technisch ausgebildet, kommunikativ, serviceorientiert. „Ebay selbst hat hohe Einstellungskriterien“, weiß Maria Altepost, deren Firma für den IT-Bereich Mitarbeiter sucht.
Online-Kundenberater, Mitarbeiter für den IT-Support, Telefonisten, Programmierer, italienisch sprechende Kundenbetreuer, Assistenten für die Geschäftsführung – die Palette der Stellenprofile ist groß. Die Unternehmen, die für ihren Online- und Telefon-Kundenservice kompetentes Personal suchen, kommen aus den verschiedensten Branchen: Reise und Tourismus, Versand und Logistik, Versicherungen und Banken, Medien und Telekommunikation. Die Lufthansa sucht „regelmäßig“ Mitarbeiter, die englisch, französisch oder auch italienisch sprechen. „Ich hoffe hier auf viele Bewerber“, sagt Antja Mirus am Lufthansa-Desk.
Auch Christopher Mars hat einige Bewerber gesprochen, „die vielversprechend sind“. Etliche Jahre arbeitete er selbst als Marketingleiter bei Ebay, schied dann – freiwillig – aus und ist heute Chef von „Rocket Internet“ – einem inzwischen erfolgreichem Unternehmen der Samwer-Brüder, die einst den deutschen Ebay-Vorläufer gründeten. „Rocket Internet“ hilft jungen Startup-Firmen bei der Produktentwicklung und beim Marketing. „Dafür brauchen wir gute Leute und wir wissen, dass wir die bei Ebay finden“, sagt Mars. Ebay-Mitarbeiterin Bettina M. mag sich von schönen Worten nicht täuschen lassen. Sie sei skeptisch, dass man aufgrund eines Ebay-Verweises im Lebenslauf „bevorzugt wird“. Und eines sei klar: „Mit schlechteren Arbeitsbedingungen und weniger Gehalt muss man rechnen.“ In dieser Hinsicht trauere sie ihrem Arbeitsplatz in Dreilinden nach – denn bei Ebay herrsche kein herkömmliches Callcenter-Niveau, das Ambiente sei prima und sie habe „durchschnittlich gut verdient“. Umso enttäuschter sei sie, „wie mein Arbeitgeber sich entpuppt hat“. Vor allem über die Leitsätze, die auf den Mitarbeiter-Kärtchen stehen, könne sie inzwischen nur lachen, sagt sie und zitiert Punkt 4: „Wir ermutigen dich, andere Menschen so zu behandeln, wie du selbst behandelt werden möchtest.“
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