zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Alles wieder auf den Prüfstand

Kreisfinanzausschuss steht ratlos vor einem 22-Millionen-Euro-Defizit / Gegen Elternbeteiligung an Schülerbeförderung und Jagdsteuer

Stand:

Kreisfinanzausschuss steht ratlos vor einem 22-Millionen-Euro-Defizit / Gegen Elternbeteiligung an Schülerbeförderung und Jagdsteuer Von Hagen Ludwig Potsdam-Mittelmark. Rat- und hilflos wirkten die Mitglieder des Kreisfinanzausschusses am Dienstagabend angesichts einer schmerzhaft klaffenden Lücke von 22,756 Millionen Euro im Haushaltsentwurf 2004 für Potsdam-Mittelmark. Ganz klar liegt das Problem auch diesmal wieder im Verwaltungshaushalt, wo Ausgaben in Höhe von 182 Millionen Euro möglichen Einnahmen von 160 Millionen Euro gegenüber stehen. Allein im Zuge der Gemeindereform, mit der Potsdam-Mittelmark etwa zehn Prozent der Einwohner an die Städte Potsdam und Brandenburg abgeben musste, entstand ein Einnahmeverlust von 8,9 Millionen Euro. Um dieses Summe geringer fallen die Zuführungen aus der Kreisumlage und die Schlüsselzuweisungen aus. Bevor die Haushaltszahlen nun erstmals den Abgeordneten vorgelegt wurden, hatte die Verwaltung bereits den Rotstift angesetzt und dort gekürzt, wo es für vertretbar gehalten wurde. So waren weitere zündende Sparideen am Dienstag von den Amtsleitern für Jugend, Soziales sowie Schulverwaltung und Kultur, Bodo Rudolph, Gertrud Meißner und Thomas Schulz, nicht zu erwarten. Sie wiesen nach, dass fast alle Ausgaben für gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgaben notwendig sind. Die wenigen freiwilligen Aufgaben, die sich der Landkreis vor allem im Jugend- und Sozialbereich noch leistet, sind schon hundertmal abgewogen worden und scheinen unverzichtbar. Dennoch muss angesichts der prekären Haushaltssituation alles wieder auf den Prüfstand. Gnadenlos wirken die nüchternen Zahlen auf der von Kämmerin Josefine Ewers vorgelegten Liste mit theoretisch möglichen Einsparungen und Mehreinnahmen. Wie schon im vergangenen Jahr geht es unter anderem um die Kreisumlage, die Zuwendungen für die Kreismusikschule und die Kreisvolkshochschule, um die Unterstützung für den Kreissportverein, das Schulmuseum Reckahn und kleine Kulturvereine. Ganze 50000 Euro hat Potsdam-Mittelmark noch für die Kulturförderung auf dem Lande übrig. „Eine Summe, die für einen Landkreis dieser Größenordnung äußerst gering ist“, betonte Amtsleiter Schulz. Auch eine andere freiwillige Aufgabe des Landkreises möchte er unbedingt erhalten wissen: Das Tagesschulangebot an den Förderschulen des Landkreises, das immerhin mit 900000 Euro jährlich zu Buche schlägt. Nach heißen Diskussionen hatte sich der Kreistag im vergangenen Jahr zu diesem Projekt bekannt. Mit Recht, wie Schulz meint, denn die Tagesschulen würden eine wichtige präventive Aufgabe erfüllen und sich so langfristig auszahlen. Angesichts dieser Argumente gab der Finanzausschuss den Staffelstab wieder an die Verwaltung zurück. Die Amtsleiter wurden beauftragt, bis zur nächsten Sitzung eigenverantwortlich Vorschläge zu erarbeiten, wie in ihren Ressorts jeweils 10 Prozent der Ausgaben eingespart werden könnten. Sollte sich das als unmöglich erweisen, so müssen sie das zumindest unwiderlegbar beweisen. Dass das Haushaltsloch in diesem Jahr noch einmal ausgeglichen werden kann, glaubt auch die Kämmerin nicht mehr. Wenn der Kreistag voraussichtlich im Juni ein unausgeglichenes Zahlenwerk verabschiedet, muss zeitgleich ein Haushaltsicherungskonzept auf den Weg gebracht werden. Darin hat der Kreis nachzuweisen, wie er innerhalb mehrerer Jahre das Haushaltsloch stopfen will. „Umso weniger wir jetzt im aktuellen Haushalt sparen, umso mehr müssen wir in das Sicherungskonzept hinein schreiben“, warnte die Kämmerin. Doch den Mitgliedern des Finanzausschusses fällt es offensichtlich schwer, den Einwohnern in die Tasche zu greifen, um die Einnahmen des Landkreises zu erhöhen. Erwartungsgemäß lehnten sie mit Ausnahme der Grünen einmütig das Erheben der Jagdsteuer und einer Jagderlaubnissteuer ab. Würdigung des ehrenamtlichen Engagements der Jäger und ein verhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand waren die bekannten Hauptargumente (PNN berichteten). Überraschender kam die grundsätzliche Ablehnung einer Elternbeteiligung an der Schülerbeförderung. Während sechs Mitglieder der Fraktionen CDU, FDP sowie Freie Bürger und Bauern (FBB) für diesen Vorschlag der Verwaltung stimmten, kamen sieben Nein-Simmen von SPD und PDS sowie den Bündnisgrünen. „Erst machen wir auf dem Land die Schulen zu, und dann verlangen wir einen Beitrag der Eltern für die Schülerbeförderung“, argumentierte unter anderem Jürgen Pohl (SPD). Die Bündnisgrünen warnten davor, dass sich Eltern künftig nur noch an Schulstandorten niederlassen würden. CDU, FDP und FBB fürchten nun, dass das Land dem Kreis eine rigide Regelung der Elternbeiträge aufzwingen werde, da diese im Schulgesetz vorgeschrieben sind bzw. in anderen Bereichen noch drastischer eingespart werden müsse. „Mit der Ablehnung der Elternbeiträge würden wir den Schmerz nur verändern“, betonte Ausschussvorsitzender Felix Enneking (CDU). Das abschließende Wort in dieser Frage hat der Kreistag.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })