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Potsdam-Mittelmark: Altanschließer auf Klage eingeschworen

Grundstücksverband stellt sich vor Betroffene in Bergholz-Rehbrücke / MWA: Satzungen sind sicher

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Nuthetal - Die Altanschließer im Zweckverband Mittelgraben mobilisieren sich. Auf einer Versammlung in Bergholz-Rehbrücke haben über hundert Bürger am Dienstagabend eine Protestresolution verabschiedet. Darin wird die neue Landesregierung aufgerufen, die umstrittene Beitragsregelung für Grundstücke zu kippen, die noch zu DDR-Zeiten an das öffentliche Wasser- und Abwassernetz angeschlossen wurden. Seit einer Novellierung des Brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes im Mai müssen die Zweckverbände Altanschließer an ihren beitragsfinanzierten Nachwende-Investitionen beteiligen.

Die Mittelmärkische Wasser- und Abwassergesellschaft (MWA) als beauftragtes Unternehmen hat bereits angekündigt, die nötigen Vorbereitungen am Mittelgraben zu treffen. Betroffen sind hier knapp 700 Grundstücke, sie alle liegen in Bergholz-Rehbrücke. Sybille Hofmann (Linke), Vorsitzende der Verbandsversammlung, bezifferte die Summe der zu erwartenden Beiträge laut erster Schätzungen auf 2,3 Millionen Euro. „Allein 1,5 Millionen müssten unsere Institute und die Gewog zahlen“, so Hofmann, die sich selbst als Beitrags-Gegenerin zu erkennen gab. Ihre Befürchtung: Werden sechsstellige Summen vom Institut für Getreideverarbeitung oder dem für Ernährungsforschung erhoben, „packen die ihre Koffer“. Hofmann versprach, dass der Verband vorerst keine Bescheide verschicken werde. „Lassen sie es uns auf dem politischen Weg versuchen“, schlug sie vor.

An die Spitze des Protestes hat sich der Verband der Grundstücksnutzer (VdGN) gestellt, er empfahl den Rehbrückern den juristischen Weg – sollte der Bescheid erst einmal vorliegen. „Wer innerhalb eines Monats keinen Widerspruch einlegt, muss zahlen“, sagte VdGN-Präsident Peter Ohm.

Er schilderte schlimme Szenarien aus Mecklenburg-Vorpommern, wo Zweckverbände kurz vor Weihnachten 30 000 Bescheide verschickt hätten. „Man kann sich vorstellen, dass bei einem Rentner, der plötzlich 17 000 Euro zahlen soll, die vorweihnachtliche Stimmung dahin ist“, so Ohm. Er räumte ein, dass die Verbände gesetzlich gezwungen werden: „Die Regierung hat das Problem einfach nach unten delegiert“, sagte der Präsident. Zwar werde die Möglichkeit eingeräumt, verminderte Beiträge zu erheben, doch sei deren Berechnung so unsicher, dass ein Verband lieber den vollen Satz verlangen werde. Für den Mittelgraben wurde ein Betrag von 3,79 Euro pro Quadratmeter genannt – sowohl für Alt- als auch für Neuanschließer.

Rechtsanwalt Volker Hennig, der im Auftrag des VdGN Altanschließer vertritt, empfahl Musterverfahren gegen den Zweckverband anzustrengen, so könne man sich die Gerichtskosten teilen. Die Chancen, sich erfolgreich zu wehren, schätzte er als hoch ein, da die Beitragssatzungen in der Regel angreifbar seien. „Dieses Rechtsgebiet ist außerordentlich kompliziert – auch für die Verbände“, so der Jurist. Deshalb setze auch keine Verjährung ein, denn die greife erst, wenn eine rechtsgültige Satzung besteht. Das sei bei den wenigsten der Fall.

„Wir können davon ausgehen, dass unsere Satzungen sicher sind“, hielt MWA-Geschäftsführer Martin Rahn gestern gegenüber den PNN dagegen. Nicht durch Klagen, sondern durch eine Gesetzesinitiative im Landtag lasse sich an der derzeitigen Situation etwas ändern. „Wir lassen uns auf jeden Fall erstmal Zeit mit dem Erheben von Altanschließer-Beiträgen“, so Rahn. In den nächsten zwei Jahren würden noch keine Bescheide rausgehen. VdGN-Präsident Ohm sprach sich am Dienstagabend dafür aus, Beiträge generell abzuschaffen und Investitionen künftig nur noch über Gebühren zu finanzieren. Gerade in den Städten sei dies längst gang und gäbe. Thomas Lähns

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