Potsdam-Mittelmark: Alter Charme und moderne Technik
Werders Kino ist wieder zu einem hübschen Kleinod geworden / Große Gästeschar bei offizieller Eröffnung
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Werders Kino ist wieder zu einem hübschen Kleinod geworden / Große Gästeschar bei offizieller Eröffnung Von Elisabeth Richter Werder. Der Traum eines jeden Kinobesitzers ist ein volles Haus. Am Sonnabend wurde dieser Wunsch in Werder wahr, der Kinosaal der „Scala“ war besetzt bis auf ein paar „Rasiersitze“ ganz vorn, und im Foyer waren immer noch Leute, die zwar nicht den Film sehen, aber trotzdem ins Kino wollten. Freier Eintritt und Freibier hieß es an diesem Abend fürs Publikum, denn das Kino feierte ganz offiziell die Wiederöffnung. Der Berliner Cineast Knut Steenwerth, der mit seiner Frau Pennee seit November vergangenen Jahres das Werderaner Kino betreibt, begrüßte das Publikum und die Vertreter der Stadt, plauderte ein wenig aus der Geschichte des Kinos, wie es trotz aller Widrigkeiten und Rohstoffknappheit in den Jahren 1939/40 gebaut wurde. Steenwerths Dank ging an die Filmförderungsanstalt, an Handwerksbetriebe wie die Firma Wilke, die mit Unermüdlichkeit und Kreativität die Heizung wieder funktionsfähig machte; dass die mit der Dachsanierung beauftragte Firma dagegen ein Reinfall war, verschwieg er ebenso wenig. Sein Dank ging auch an seine aus Thailand stammende Frau Pennee, die sich in Werder um die Organisation kümmert und eine thailändische „Crew“ versammelt hat, die „alles macht“: Verkauf, Einlass, Vorführung. Das Kino präsentiert sich jetzt in einladend frischer Farbe, mit umgestaltetem Foyer und leistungskräftiger Heizung, ohne den besonderen Charme eines historischen Lichtspieltheaters verloren zu haben. Werders 1. Beigeordneter Hartmut Schröder sprach dem Ehepaar Steenwerth den Dank der Stadt dafür aus, dass „dieses Kleinod“ wieder hergerichtet wurde. Als echten Werderaner habe ihn das Kino durch die Jugendzeit begleitet, und wie alle erinnert auch er sich daran, wie die Kartenkontrolleure hinsichtlich der Altersbeschränkung auszutricksen waren. Werder und Filme gehörten zusammen, sagte er und zählte einige Filmproduktionen auf, die zum Teil in in der Blütenstadt gedreht wurden wie beispielsweise „Effi Briest“. Dank ging auch an das Engagement der „Filmfreunde Werder“, die sehr erfolgreich begonnen haben, in Zusammenarbeit mit Knut Steenwerth alle 14 Tage im sogenannten Mittwochskino einen besonderen Film nach Werder zu holen. Für die „Filmfreunde“sprach Professor Klaus Stanjek von der Faszination der Menschen, „sich ins Dunkle zu begeben und dort Licht und Bewegung“ auf einer Leinwand zu erleben; eine Faszination, die schon mehr als hundert Jahre andauert, als die Filme noch „Serien“ hießen. Lange hatte das Publikum gewartet, bis die vielen kleinen, originalgetreuen Deckenleuchten im „Scala“ langsam erloschen und der Film begann: „Good Bye Lenin“, thematisch sicher dem Ereignis der Wiedereröffnung angemessen, ist ein Film, den Ost- und Westdeutsche gleichermaßen verstehen. Nur vordergründig klamaukig, ist er in seiner Wirkung ein sehr feinfühliger Film über alle Facetten von Befreiung und Veränderung. Befreiung bedeutet immer auch einen Verlust; für den einen belebend, für den anderen existenzvernichtend. Die Geschichte von Alex, der seiner todkranken Mutter nach der Wende eine zimmergroße DDR aufrecht erhält und schließlich mit enormem Aufwand die sozialistische Republik erfindet, die er eigentlich immer gern gehabt hätte, geht jedem nah, ob mit West- oder mit Ostvergangenheit. Der geistigen Erbauung folgte im Foyer die leibliche: Es gab leckeres thailändisches Essen; die Gäste waren zufrieden, und sogar die technikverwöhnte Jugend musste zugeben, dass der Sound im „Scala“ besser ist als in einem von den neuen Großkinos, so ein Fünfzehnjähriger. Auch Knut Steenwerth zeigte sich zufrieden mit dem Gästestrom des Abends und wünscht sich natürlich für die Zukunft einen ähnlichen Andrang. Sein Programm möchte er auch weiterhin niveauvoll und familienfreundlich gestalten. Die Anregung der „Filmfreunde Werder“, eine längerfristige Vorschau aufs kommende Programm zu geben, wird er aufnehmen, und ebenso sollen in Zukunft ein paar inhaltliche Sätze zu den Filmen im Programm zu lesen sein. Und damit man nach dem Film noch ein bisschen zusammensitzen und reden kann, werden Steenwerths demnächst draußen noch einen kleinen Biergarten aufmachen.
Elisabeth Richter
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