Potsdam-Mittelmark: Am Thema Feuerwehr entzündet
Ortsbeiräte diskutierten am Seddiner See über die Gemeindereform
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Potsdam-Mittelmark - Die Kirche ist im Dorf geblieben, ebenso das Gasthaus und die freiwillige Feuerwehr. So gesehen hat sich an den Lebensorten nichts verändert seit der Gemeindestrukturreform im Jahr 2003. Doch kommunales Handeln muss noch effizienter werden, denn auch der demografische Wandel erfordert neue Strukturen. Dass es aber nun ausgerechnet die freiwillige Feuerwehr war, die ins Visier einer Diskussion geriet, zu der am Mittwoch die Heimvolkshochschule Seddiner See eingeladen hatte, erstaunte selbst den Referenten Karl-Ludwig Böttcher. Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg hatte zuvor dargelegt, wie es zu dem rot-schwarzen Reformwerk gekommen war und welchen Änderungsbedarf es aus heutiger Sicht gibt. Darüber wollte er mit den rund 15 Vertretern von Ortsbeiräten ins Gespräch kommen und Anregungen erhalten.
Doch die Debatte entzündete sich gleich zu Beginn am Thema Freiwillige Feuerwehr. So befand ein Teilnehmer aus Seddin, dass die Wünsche der Feuerwehrleute nach Neuausstattung oft weit über den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden liegen würden. Das gehe soweit, dass jede Ortsteil-Wehr Bedarf für eine Drehleiter anmelde. Deren Kosten von 600 000 Euro würden aber keinesfalls den seltenen Fall eines Einsatzes rechtfertigen, da die meisten Gebäude im Ort zweistöckig wären. Ein anderer Ortsbürgermeister schilderte, wie er erlebte, dass die Berufsfeuerwehr bereits vor Ort gelöscht habe, während die freiwilligen Kameraden noch dabei waren, ihren Spritzenwagen aus der Garage zu bugsieren. Das ließ einen anderen Ortsbürgermeister zu dem drastischen Schluss kommen: Die freiwilligen Feuerwehren der kleinen Orte sollten keine Einsätze mehr fahren, sondern sich ihrer Traditionspflege widmen. Kontra kam vom Fresdorfer Ortsbürgermeister Karl-Heinz Schmidt, der entgegenhielt, wer die Feuerwehr zum Verein degradiere, beerdige sie. Nach wie vor sei die Wehr Teil der Gemeinde, stifte Identität und leiste nicht zuletzt positive Jugendarbeit, so Schmidt.
Karl-Ludwig Böttcher erklärte diplomatisch, dass die Sache mit der Feuerwehr ein „zweischneidiges Schwert“ sei und er deshalb noch Klärungsbedarf sehe. Auch die Leitung der Heimvolkshochschule will sich demnächst diesem Thema widmen. Vorläufig, soviel ist gewiss, bleibt die Feuerwehr aber noch im Dorf. Dort ist der von vielen Kritikern befürchtete Identitätsverlust nach der Gemeindereform bisher nicht eingetreten, wie die Diskussionsteilnehmer bestätigten. Anders sei es dagegen mit dem Zusammengehörigkeitsgefühl in der neuen Großgemeinde. Da wollen viele Jugendliche lieber in ihrem Ort bleiben statt Angebote von nebenan zu nutzen.
Dass Ortsbeiräte keinen eigenen Haushalt verwalten können, stellte für die Teilnehmer kein Problem dar. Gute Erfahrungen mit der Bündelung der Finanzmittel haben Vertreter aus Wusterwitz und Wiesenburg gesammelt, weil sich größere Projekte so besser voranbringen ließen. Negativ sei dagegen, dass nun in den Großgemeinden die Parteien eine große Rolle spielen und deren Konflikte sich nachteilig auswirken würden. Denn wo es früher um die Sache ging, blockierten nun Egoismen, und man brauche einen langen Atem, um Vorhaben durchzusetzen. Wichtig sei deshalb Transparenz in Sachfragen und das Recht, angehört zu werden. Denn da man nicht entscheiden könne, müsse man wenigstens die Sicht des Ortsbeirates darlegen und Argumente einbringen können, hieß es.
Als Defizit wurde auch benannt, dass Ortsbeiräte mancherorts keine Kenntnis von Beschlussvorlagen erhalten, die ihren Ort betreffen. Dass Ortsbeiräte in vielen Gemeinden auch Mitglieder in Entscheidungsgremien sind und dadurch eine Doppelstruktur entstehe, wurde nicht als Nachteil empfunden. „Es ist für uns ein Stück Basisdemokratie, denn so können wir als Mitglieder der Gemeindevertretung unsere Interessen konzentrierter vorbringen", meinte ein Teilnehmer.
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