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Potsdam-Mittelmark: Antwort aufs Altern
Staatskanzlei würdigt Hol- und Bring-Service des Michendorfer Edeka-Marktes
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Michendorf - Die Prognosen sind nicht unbedingt erbaulich: In 20 Jahren wird gut jeder dritte Einwohner des Landkreises über 65 sein, unterm Strich sind das 66 000 Menschen – während es bis dahin insgesamt nur noch 27 000 Geburten gibt. Die Mittelmark altert – trotz des seit Jahren regen Zuwandererstroms aus den Städten und trotz der im Moment noch erfreulich vollen Kitas. Während Politik und Verwaltung unter der Überschrift „Potsdam-Mittelmark - Hier möchte ich alt werden“ bereits mit Projekten wie dem Mehrgenerationenhaus oder Bürgerbussen reagieren, kommen auch aus der Wirtschaft Initiativen – wie im Michendorfer Edeka-Markt von Silke Bogisch.
Seit knapp einem Jahr gibt es hier einen Hol- und Bring-Service, der Senioren von der Haustür abholt, in den Frischemarkt fährt und danach wieder nach Hause chauffiert (PNN berichteten). Jetzt ist auch die Landesregierung auf das Thema aufmerksam geworden. Clemens Appel (SPD), Chef der Staatskanzlei, besuchte gestern den Markt in der Luckenwalder Straße und würdigte die Initiative, die auf immer größere Nachfrage trifft. Denn mittlerweile würden zirka 25 Menschen regelmäßig den Service in Anspruch nehmen, wie Mitarbeiter Herbert Böhme zu berichten weiß.
Der frühere Lkw-Fahrer hatte als Kurzzeitarbeiter beim Michendorfer Edeka angefangen, mittlerweile mussten seine Stunden erhöht werden. Fast jeden zweiten Morgen startet er mit dem Kleinbus zu seiner Tour über die Dörfer. Caputh, Seddin und die Michendorfer Ortsteile werden von ihm angefahren. Während Böhme die Bestellungen des Vorabends an die Haushalte liefert, lädt er jene Senioren, die lieber selbst ihren Korb füllen möchten, gleich ein. „Es ist wichtig, dass die Leute rauskommen, den Einkauf selbst erledigen. Die Familie hat ja nicht immer Zeit“, so Böhme. Die Idee zu diesem Service ist vor Ort entstanden, erzählt Silke Bogisch. „Meine Mitarbeiter waren der Meinung: Die Leute auf dem Dorf müssen wir irgendwie versorgen.“ Ein Verkaufswagen, der zwei Mal pro Woche nach Fresdorf oder Wilhelmshorst fährt, hätte aber nur ein begrenztes Sortiment, und die Waren wären dann auch teurer, räumt die Chefin ein. So sei sie auf die Idee gekommen, die Leute in den Markt zu bringen, statt umgekehrt.
Mit ihrem Unternehmen bringt Bogisch sich in Michendorf ein. Regelmäßig sind die Kita- und Grundschulkinder zu Gast, wenn es um das Thema Ernährung geht. Produkte lässt man sich - soweit möglich - aus der Region kommen. Das Konzept geht auf: Mittlerweile arbeiten hier 45 Angestellte, demnächst soll angebaut und die Ladenfläche vergrößert werden. Nicht um das Sortiment zu erweitern, sondern um mit mehr Platz zwischen den Regalen für eine entspanntere Atmosphäre zu sorgen, so Bogisch. Dass demnächst der Textildiscounter Kik gleich nebenan eine Filiale eröffnen will, begrüßt sie. „So etwas gibt es ja noch nicht in Michendorf.“ Dass die Gemeindevertreter kritisch beäugen, welches Sortiment noch wo in der Gemeinde hin passt, sei aber lobenswert.
Clemens Appel hat sich mittlerweile von den älteren Damen ausführlich schildern lassen, wie bei ihnen ein Einkaufstag aussieht. „Die Leute nehmen am Leben teil, und das merkt man“, bilanziert er. So sehen es auch Katherina Reiche und Saskia Funck (beide CDU). Die sind ebenfalls angereist, um sich mit Bogisch auszutauschen – und das Wahlkampffeld an diesem Vormittag nicht ganz dem Koalitionspartner zu überlassen. Thomas Lähns
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