Potsdam-Mittelmark: Armutsrisiko Kind
Die Hälfte der Alleinerziehenden in Potsdam-Mittelmark ist auf Hartz IV angewiesen. Der Landkreis will mit Netzwerken helfen
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Potsdam-Mittelmark - Alleinerziehende in Potsdam-Mittelmark haben es offenbar besonders schwer, Kind und Job unter einen Hut zu bringen. Rund die Hälfte der insgesamt 2000 Single-Eltern zwischen Havel und Hohem Fläming ist auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Unterm Strich würden sie ein Drittel der sogenannten Bedarfsgemeinschaften stellen, wie Jugendamtsleiter Bodo Rudolph gestern in einem Pressegespräch erklärte. Der Landkreis will gegensteuern, in dem er die Verantwortlichen vor Ort näher zusammenbringt und auch in der Wirtschaft verstärkt für dieses Thema wirbt.
Arbeitgeber könnten eine Menge tun, um Alleinerziehenden den Weg ins Arbeitsleben zu erleichtern, wie Simone Kühn vom Fachdienst „Operatives Sozialcontrolling“ erklärte. So gebe es in Berlin bereits Unternehmen, die neben einer eigenen Tagesbetreuung für die Kinder auch spezielle Eltern-Kind-Büros anbieten: In der einen Ecke befindet sich die Krabbel- und Spielecke, in der anderen steht der Computer. Wenn der Knirps dann zum Beispiel eine Erkältung hat und nicht in die Kita soll, kann Mama ihn mit zur Arbeit nehmen.
Auch das Landratsamt stehe als einer der größten Arbeitgeber im Kreis in der Verantwortung, unterstrich Landrat Wolfgang Blasig (SPD). Ein Thema, dem man sich in Zukunft verstärkt widmen wolle, seien Telearbeitsplätze – also die Möglichkeit, zumindest einen Teil der Arbeit von zuhause aus am Computer zu erledigen. „Allerdings steckt es bei uns noch in den Kinderschuhen“, so Blasig.
Nach wie vor gehe es aber auch darum, Hilfsangebote miteinander zu koordinieren. Seit anderthalb Jahren läuft im Landkreis die Initiative „PM Netz Alleinerziehende Familie“. Kern des Projektes, das aus EU-Mitteln bezuschusst wird, ist die Weiterbildung von Verantwortlichen aus Kommunen, Kitas, Sozialträgern und Unternehmen. Sie sollen lernen, wie man lokale Netzwerke bildet und in Kontakt bleibt. Oft mangele es nicht an Angeboten, doch müssten sie besser miteinander koordiniert und transparenter gemacht werden, heißt es aus dem Landratsamt.
Das „PM-Netz“ hat auch eigene Ideen entwickelt, zum Beispiel die Eröffnung eines Familiencafés in Pritzerbe im Nordwesten des Kreises. Hier würden Eltern verschiedener sozialer Schichten aufeinander treffen – und oft feststellen, dass sie die gleichen Probleme hätten.
Eine weitere Idee wird ab Oktober umgesetzt: Dann soll in mehreren Kommunen ein Baby-Begrüßungsdienst die Arbeit aufnehmen und frischgebackene Eltern zu Hause besuchen. Koordiniert werden soll der Service von den Eltern-Kind- und Familienzentren, die es bereits in Städten wie Werder (Havel), Treuenbrietzen und Bad Belzig gibt. Das Prinzip hat das Landratsamt von der Stadt Beelitz übernommen: Hier ist bereits seit drei Jahren eine ehrenamtliche Beraterin im Einsatz. Regina Breyer, Schulrektorin im Ruhestand, informiert über Hilfs- und Betreuungsangebote in der Stadt und hat auch selbst ein offenes Ohr. Außerdem werden kleine Geschenke und Gutscheine von Unternehmen und Vereinen überbracht.
„Mit solchen Projekten fühlt man sich gut aufgehoben und geborgen“, sagte Blasig. Beelitz sei „ wunderbar vorgeprescht“ und habe damit seine Nachbarn motiviert. Ein weiteres Projekt in der Spargelstadt, das der Landkreis ebenfalls mit großem Interesse begleitet, ist der „Oma und Opa Dienst“, der ältere Menschen und junge Eltern mit Kind zusammen bringt. Während die jüngeren zum Beispiel Einkäufe für die Paten-Großeltern erledigen, kümmern die sich um das Kind. So könnten Alleinerziehende wertvolle Zeit bekommen – um sich vielleicht auf den Wiedereinstieg ins Berufsleben vorzubereiten.
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