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Potsdam-Mittelmark: „Auch Bürokratieabbau ist Bürgerrecht“

Hans-Peter Goetz über mögliche Koalitionen, überflüssige Vorschriften und Unterschiede zu den Grünen

Stand:

Hans-Peter Goetz über mögliche Koalitionen, überflüssige Vorschriften und Unterschiede zu den Grünen Herr Goetz, die CDU geht zurzeit mit der „Stabstelle gegen Bürokratie“ in die Wahlkampfoffensive – einem Ihrer Lieblingsthemen. Ärgert Sie das? Im Gegenteil. Wir sind das gewöhnt. Außerdem freuen wir uns, wenn andere Themen aufgreifen, die wir vielleicht ein paar Jahre zu früh gebracht haben, weil die Zeit noch nicht reif war. Wenn es zu einer Regierungsbeteiligung der FDP kommt, vielleicht mit der CDU, sollte das ein Punkt sein, der unstrittig ist. Die Umfragen sprechen zurzeit nicht unbedingt für diese Konstellation Wir liegen zurzeit knapp unter fünf Prozent, das ist eine gute Motivation für uns. Sechs Prozent wären dagegen eher gefährlich. Im Saarland hieß es vorher auch: Ihr schafft das nicht, dann hat es doch geklappt. Dann ist aber eine christlich-liberale Mehrheit noch immer kaum denkbar. Es kann ja passieren, dass die jetzige Große Koalition nach der Wahl keine Mehrheit mehr hat und eine Regierung aus drei Parteien notwendig wird. Ich könnte mir eine Zusammenarbeit mit der SPD vorstellen, wenn auch etwas schwieriger. Mit den Grünen sehe ich dagegen keine Basis, auch wenn es auf manchen Feldern Gemeinsamkeiten gibt. Und wo liegen Sie weit auseinander? Bei den Grünen gibt es noch immer eine zu große Staatsgläubigkeit, zum Beispiel in der Energiepolitik, da wird mit Zwang gearbeitet. Wir glauben auch nicht, dass die regenerativen Energien Arbeitsplätze schaffen. Durch den Förderaufwand zahlen wir unter dem Strich drauf. Beim Thema Bürgerrechte – Beispiel Videoüberwachung – sind wir deutlich näher dran an den Grünen als an der CDU. Im Wahlkampf hört man davon nichts. Wo sind die liberalen Ideen? Zur Videoüberwachung haben wir eine klare Beschlusslage. In der Bundespolitik ist unsere damalige Bundesjustizministerin Leutheuser-Schnarrenberger wegen des Großen Lauschangriffs zurückgetreten. Ansonsten heißt Liberalismus für uns, an die Freiheit des Einzelnen zu glauben. Da kommt dann wieder der Bürokratieabbau ins Spiel. Ein positives Beispiel ist die Stärkung der Eigenverantwortung im Baumschutz. Das war mal eine gelungene Landesinitiative. Deshalb finden wir es auch nicht gut, dass Teltow hier eine eigene Verordnung hat. Die soll abgeschafft werden. Wo kann auf Landesebene noch konkret vereinfacht werden? Auch im Baurecht kann man ausmisten, wir brauchen keine Vorschriften für Dächer in Gewerbegebieten. Und anstatt dass das Land Projekte fördert, sollten die Kommunen Geld bekommen, und selber entscheiden, was sie damit machen. Das Land hat 15000 Bedienstete zu viel. Wenn man die abbaut, ist auch wieder mehr Geld für Investitionen da. Das kann man über Verrentung in fünf Jahren machen. In Sachen Sendemast in Kleinmachnow haben Sie sich mit O2 angelegt. Ungewöhnlich für die Wirtschaftspartei FDP, oder? Weniger mit O2 als mit der Gemeindeverwaltung, denn hier wurden Bürgerrechte verletzt. Es gibt eine klare Beschlusslage der Gemeindevertretung. Die Verwaltung hat dann aber Zusagen gegenüber dem Unternehmen gemacht, ohne die Abgeordneten zu informieren. Außerdem ist der Standort im Bannwald sehr ungünstig gewählt. Kommen wir mal zu unserer Region. Wie ist die Haltung der Kreis–FDP in Sachen Netzverknüpfung? Wir haben uns gegen den Südast Bergholz-Rehbrücke ausgesprochen. Die Havelspange halten wir aber für notwendig. Heiko Hüller aus Caputh hat angeregt, dafür die Bahntrasse zu nutzen. Da fahren jetzt noch fünf, sechs Züge am Tag drüber, die könnte man umleiten. Potsdam muss dann aber weiter nach eigenen Lösungen suchen. Steigt der Druck für den Südast nicht, wenn die Havelspange erstmal da ist? Nein, höchstens für den Nordast. In dem Bereich gibt es Leute, die davon entlastet werden, andere werden belastet. Man müsste verhindern, dass der Verkehr von der Autobahn ausweicht. Das kann man erreichen, indem man die Anbindung an das bestehende Straßennetz macht. Damit bliebe die A10 die deutlich schnellere Alternative. Davon abgesehen glaube ich aber, dass sich das Thema durchs Geld erledigen wird. Genau wie der Ausbau der Machnower Schleuse. Wie sehen Sie die Zukunft der Lindenhof-Gesamtschule in Stahnsdorf und der Realschule Teltow? Das Problem ist das Schulgesetz. Man müsste Einzügigkeit vorübergehend ermöglichen, denn die Schülerzahlen werden ja wieder ansteigen. Es heißt immer, man brauche Zweizügigkeit, um die Qualität des Unterrichts zu gewährleisten. Das glaube ich nicht, entscheidend sind die Lehrer. Wie sehen sonst ihre Konzepte für die Bildung aus? Im Sinne einer bundesweiten HarmonisierungGrundschule nach vier Jahren: Harmonisierung, hinterher Durchlässigkeit, wir wollen als einzige Realschulen erhalten. Gesamtschule zu dualer Oberschule entwickeln mit stärkerem Praxisbezug, auch Naturwissenschaften. Handwerk klagt da über mangelnde Fähigkeiten. Und Sie selbst: Bisher Stadt- und Kreispolitiker. Was zieht Sie in den Landtag? Ich erlebe zurzeit auf allen Ebenen, dass die SPD an der Regierung ist: in Teltow, im Kreis, im Land. Und dass die Entwicklung in die Sackgasse geht. Da will ich entgegenwirken. Ich denke, da kann man auf Landesebene letztlich mehr bewegen. Justiz ist ja ein klassisches FDP-Ressort ... Mit Listenplatz 4 bin ich da kein Anwärter auf ein Ministeramt. Mein Feld wäre die Innen- und Rechtspolitik. Allerdings könnte ich mir schon vorstellen – wenn nicht vorrangige Liberale dieses Amt beanspruchen – den Fraktionsvorsitz zu übernehmen. Das Gespräch führte Volker Eckert

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