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Potsdam-Mittelmark: Auf der Kippe

Am Montag müssen sich Michendorfs Gemeindevertreter zum Thema Bürgermeister-Abwahl entscheiden

Stand:

Michendorf - Soll die Michendorfer Bürgermeisterin Cornelia Jung (parteilos) abgewählt werden? Am Montag müssen sich Michendorfs Gemeindevertreter entscheiden, in welche Richtung die Weichen gestellt werden. Die Stimmen von 16 Gemeindevertretern sind auf der öffentlichen Sondersitzung ab 19 Uhr im Gemeindezentrum „Apfelbaum“ notwendig, um einen Bürgerentscheid über die Abwahl Jungs einzuleiten.

Die Entscheidung steht auf der Kippe: Zwar hatten genau 16 Gemeindevertreter am 10. Juli einen Misstrauensantrag gegen die Bürgermeisterin eingebracht. Doch Wolfgang Kroll, Langerwischer Ortsbürgermeister und UWG-Gemeindevertreter, plädiert als einer der Mitunterzeichner mittlerweile dafür, der Bürgermeisterin noch eine Frist einzuräumen, um kritisierte Mängel bei der Verwaltungsführung und der Umsetzung von Gemeindevertreterbeschlüssen abzustellen. Seine Stimme könnte entscheidend sein. Nicht unterzeichnet haben den Antrag zudem vier Mitglieder der Fraktion FDP/FBL und zwei Vertreter der Bündnisgrünen.

Gegner und Befürworter der Abwahl haben sich in den vergangenen Tagen teils im heftigen Disput noch einmal öffentlich zu Wort gemeldet. Klaus Benthin, FDP/FBL-Fraktionschef erklärte gegenüber den PNN, „dass ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Bürgermeisterin und Gemeindevertretung sowie eine angespannte Arbeitsatmosphäre in der Verwaltung nicht ausreichen, den Bürgern zu erklären, dass sie einen neuen Bürgermeister wählen sollen“. Auch seine beiden Fraktionskollegen, der Wildenbrucher Ortsbürgermeister Manfred Bellin und Jürgen Krebs, haben sich gegen einen Bürgerentscheid ausgesprochen.

Die Bündnisgrünen, so erklärte deren Vertreter Andree Halpap, könnten die Kritik zwar in Teilen nachvollziehen, doch es gebe in der Gemeindevertretung keine personellen Alternativen. Zudem würde eine Abwahl der Bürgermeisterin in der jetzigen Situation die ohnehin komplizierte Situation in der Verwaltung nur noch verschärfen, so Halpap.

Auf der anderen Seite plädierte der Wilhelmshorster Ortsbürgermeister und UWG-Fraktionschef Gerd Sommerlatte noch einmal vehement für die Abwahl der Bürgermeisterin. Sie sei von Anfang ihren Aufgaben nicht gewachsen gewesen. Mit Ausnahme des Bauamtes und einiger andere Mitarbeiter funktioniere zur Zeit in der Verwaltung überhaupt nichts mehr, erklärte Sommerlatte. Zudem habe Jung dem Zusammenwachsen der Ortsteile zu einer Großgemeinde keine klare Richtung geben können. „Ein Flächennutzungsplan ohne Entwicklungsziele ist nur die Hälfte wert, Kita- und Schulentwicklung ohne Betrachtung der Gesamtstruktur sind halbherzig“, kritisierte der Wilhelmshorster Ortsbürgermeister. Auch die Fraktionschefs von CDU, SPD und PDS bekräftigten in den vergangenen Tagen den Willen zur Abwahl der Bürgermeisterin.

Cornelia Jung selbst hat Fehler in ihrer Amtsführung eingeräumt. So habe auch die jüngst erfolgte Evaluierung der Verwaltung durch externe Fachleute gezeigt, was in Michendorf noch besser gemacht werden könnte. Nun sollte man jedoch versuchen, gemeinsam die Ärmel hochzukrempeln und ihr nicht den Stuhl vor die Tür stellen, appellierte die Bürgermeisterin an die Gemeindevertreter.

Doch was soll passieren, wenn Jung abgewählt wird? Diese Frage wurde zum Streitpunkt Nummer Zwei. Gerd Sommerlatte und SPD-Fraktionschef Eckhard Reinkensmeier haben bereits öffentlich erklärt, dass sie sich eine Kandidatur für das Bürgermeisteramt vorstellen könnten. Beide waren bei der Kommunalwahl vor knapp vier Jahren ebenfalls angetreten, Reinkensmeier unterlag erst in der Stichwahl damals gegen Jung.

Kein Verständnis zeigte die CDU-Fraktionsvorsitzende Marion Baltzer für das Vorpreschen einzelner Gemeindevertreter. Auch die CDU werde einen Kandidaten benennen, doch erst nach erfolgter Abwahl. Hartmut Besch (FDP), Michendorfer Ortsbürgermeister und Vorsitzender der Gemeindevertretung, zeigte sich „entsetzt, dass jetzt schon versucht wird, das Fell aufzuteilen“. Im Gegensatz zu Gerd Sommerlatte sei er zudem nicht der Meinung, dass ein neuer Bürgermeister die Gemeinde kennen müsse. „Er müsste vielmehr eine Verwaltung professionell führen können und das auch schon bewiesen haben“, so Besch. Einen solchen Verwaltungsfachmann sehe er in Michendorf derzeit nicht.

Einen weiteren Streitpunkt hat das Verwaltungsgericht geklärt. Es lehnte einen Eilantrag der Bürgermeisterin auf eine Abstimmung der Gemeindevertreter ohne vorherige öffentliche Aussprache ab. Ein solches Ausspracheverbot gebe es zwar bei der Abstimmung über die Abberufung von Beigeordneten, Amtsdirektoren und Landräten, nicht aber bei hauptamtlichen Bürgermeistern. Jung sagte zur Begründung ihres Antrags, sie habe damit die Diskussion nicht unterdrücken, sondern lediglich die rechtliche Situation klären wollen.

In welcher Form die Gemeindevertreter am Montag ihr Votum abgeben, ist noch nicht entschieden. Die Wahl könnte geheim erfolgen, wenn eine Fraktion oder mindestens ein Fünftel der Gemeindevertreter dies beantragen. Für Cornelia Jung wird es so oder so eine Zitterpartie. Die Bürgermeisterin hat es in den vergangenen Jahren versäumt oder bewusst vermieden, eine politische Hausmacht in der Gemeindevertretung aufzubauen. So muss sie stets auf wechselnde Mehrheiten setzen, nun auch am Montag, wenn es um ihr politisches Überleben geht.

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