
© Manfred Thomas
KulTOUR: Auf in den Kampf, ihr Ritter der Kunst Caputher Kunsttour wird anspruchsvoller – und bleibt gesprächsbereit
Schwielowsee - Nicht jeder wohnt in einem umgebauten Kino, im selbsterdachten Glashaus oder „dichte bie“ am See. Ist doch großartig, wenn man als Gast der 6.
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Schwielowsee - Nicht jeder wohnt in einem umgebauten Kino, im selbsterdachten Glashaus oder „dichte bie“ am See. Ist doch großartig, wenn man als Gast der 6. Caputher Kunsttour solch hehre Orte gar betreten darf, so nur Kunst darin ist, oder was man dafür hält. Strahlender Sonnenschein am Sonnabend, dem ersten von fünf Ausstellungs- und Begegnungstagen zwischen Kunst und Publikum. Viel Betrieb auf Straßen und Wegen, Leute mit dem Kunsttour-Flyer des Kulturforums in den Händen, dergestalt nach den Stätten artifizieller Lüste suchend.
Im letzten Jahr will man über dreitausend Besucher gezählt haben, die kommen auch diesmal locker zusammen. Warum? Einmal spricht sich so ein „Pilgerpfad“ ja irgendwann herum, andererseits haben die Offerten in Capuths Häusern, Ateliers und grünen Wiesen an Qualität gewonnen. Man ist wählerischer geworden, anspruchsvoller. Und dabei freundlich und gesprächsbereit geblieben.
Für die Kunstremise der Familie Haape ist das von Anfang an Ehrensache gewesen, ihr Haus neben dem Schlosspark beherbergt auch dieses Mal so viel Kunst, dass man sich den ganzen Tag hier aufhalten könnte. Die Gastgeberin mit den gemalten Sehnsüchten ihrer afrikanischen Heimat, als ihre Gäste unter anderem: Hilen Pielmann, die so naiv wie „gesichtslos“ zu malen versteht, Axel Gundrum mit seinen feinsinnigen Genre-Allegorien. Den Vogel schießt für unsereinen freilich Achim Funk ab: Seine Kleinplastik „300 Jahre“ zeigt Eff Zwo in Gestalt einer scharfkralligen Harpye, welche nach griechischen Mythen mit Hungern, Blut und Rache verbunden sind – das Beste, was dieses Jubeljahr bisher zu bieten hat!
Der Caputher Altmeister Walter Bier hat jenseits der Achtzig noch mal einen Neustart gewagt. Wie sich das auf seine Malerei auswirkt, ist im Heimathaus gleich neben dem Großschen Garten zu sehen, wo es neben Michael Heyers „Schattenmann“ auch wunderliche „Himmelsbohrer“ aus Robinienholz zu beschauen gibt. Mit diesen Dingern übersteht man jeden Kampf! Auf in denselben also, ihr Ritter der Kunst! Walter Bier indes stellt den „Gang der Befreiten!“ vor einer Finanz-Skyeline als erniedrigtes Kriechen dar. Oder er porträtiert sich selbst, mit einer zerkratzten linken Gesichtshälfte. Dieses eindrucksvolle Bild nennt er „Das Vergessen“.
Gleich gegenüber, im transparenten Haus „elisabeth am see“ zeigt Ulrike Ramsauer mehr oder weniger spannungsvolle Farb-Kompositionen. Doch dann das umgebaute Kino „Resi“! Dieser Zweckbau als Wohnhaus ist allein schon zum Staunen, erst recht, was der Argentinier Eduard Bigas durch seine magische Ausdruckskraft ans Licht bringt! Viel Neues, aber nichts, was es nicht gäbe. Kongenial dazu die an Giaccometti erinnernden Kleinplastiken Uwe Kahls. Beispielsweise ein dürrer Pan. Oder der Einsame auf einem halbzerstörten, treppenlosen Turmgestell, mit „Freu dich schon auf morgen“ düster an die Zukunft denkend.
Während im Gemeindehaus neben der Kirche viele dieser Künstler noch einmal beim Thema „Schöpfungsmythen“ versammelt sind – Ulrike Ramsauers Triptychon „Ostern“ ragt da im Geiste heraus – lohnt auch der Aufstieg zum Caputher See, denn dort hat Oda Schielicke ihr Quartier. Interessant ist dieser Besuch schon deshalb, weil sich ihre jüngsten Schöpfungen deutlich vom Stil älterer Arbeiten unterscheiden: Neu sind diese Spiegelbilder, darin man Bild und Kontrabild nur mit Mühe auseinanderhalten kann, ausdrucksstarke Porträts von erheblicher Fragilität, eine Wiese voller Pusteblumen, großformatige Rohrfederzeichnungen, Tuschen, Glasmalerei. Bei ihr scheint die Phantasie, die innere Freiheit, an Kraft gewonnen zu haben, was will man denn mehr! Natürlich gibt es bei der 6. Kunsttour noch anderes zu sehen und zu erleben. Da sollte man wirklich nicht säumen! Gerold Paul
22, 25. und 26. August, 12 bis 19 Uhr, www.kunsttour-caputh.de
Gerold Paul
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