Potsdam-Mittelmark: Aufgeweckt vom Lachenden Hans
Exoten als Haustiere: Eine Derwitzer Familie freut sich in ihrem Garten an Kängurus, Seriemas und Kongo-Papageien
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Werder (Havel) - Wenn er loslegt, dann ist das halbe Dorf wach: Die markante Stimme des „Lachenden Hans’“ kennt in Derwitz fast jeder. Kurz vor Sonnenaufgang legt er los: Erst mit leisen Rufen, die mit der Zeit zu einem lauten, fast hysterischen Lachen anschwellen. „Ein bisschen, als wenn ein heiserer alter Mann lacht“, sagt Frank Bellin. Mit dem zurückhaltenden „Kikeri“ eines stolzen Gockels ist der markante Schrei des Exoten nicht zu vergleichen. Immerhin, die Nachbarn seien tolerant, sagt der 54-jährige Derwitzer Vogelzüchter.
Der „Lachende Hans“ ist tatsächlich eine Tierbezeichnug, die Art gehört zur Familie der Eisvögel und stammt aus Australien. Es gibt noch weit mehr Exoten im Garten der Derwitzer Familie. Anita und Frank Bellin lieben Tiere und haben eine Leidenschaft für außergewöhnliche Exemplare. Hund, Katze oder Hamster, das kann jeder. Der Umgang mit Kängurus ist da schon etwas anderes.
Die Bellins sind um artgerechte Haltung bemüht. Nur von Weitem ist das Känguru-Paar in der Ecke des großen Gartens zu erblicken. Die Tiere seien nicht handzahm, sagt Frank Bellin. Das sollen sie auch nicht sein, man wolle sie nicht unbedingt streicheln. Den Bellins reicht es, ihre flauschigen Beuteltiere aus der Distanz zu beobachten. Die interessieren sich nur kurz für ihre Besitzer.
Die aus Tasmanien stammenden, mittelgroßen Bennett-Kängurus futtern gemächlich ihr Gras. Setzt eines der Kängurus zum Sprung an, werden zwei bis drei Meter Distanz zurückgelegt. Im Beutel des Weibchens schaut ein Junges hervor. Neun Monate lang wird es dort herumgetragen – der nahende Winter wird ihm nichts anhaben, ist sich Anita Bellin sicher. „Wir haben den Hühnerstall ausgebaut, dort haben jetzt auch die Kängurus ein warmes Lager aus Stroh.“
Den ersten Winter im Garten der Bellins hätten die Tiere sehr gut überstanden, sie seien sogar bei Schnee im Garten herumgehüpft. „Auch im australischen Outback werden nachts Temperaturen unter null Grad erreicht“, so Frank Bellin.
Kein Urlaub, kein Feierabend, kein Ausschlafen: Für ihre Tiere verzichten die Bellins auf einiges. Nach der Arbeit, das Paar arbeitet Vollzeit, werden täglich zwei Stunden lang die Käfige sauber gemacht. Die Futterrunde am Morgen dauert eine Stunde. „Es bringt uns Lebensfreude, die Tiere zu beobachten“, sagt die 52-jährige Anita Bellin.
Das Spannende sei, dass jedes ihrer Tiere unterschiedlich sei: Beim Gang durch die geräumige Vogelvolière werde sie von einigen Papageien mit einem „Hallo“ begrüßt, andere sind scheuer. Die Tiere sind tief verwurzelt im Alltag der Derwitzer Familie. „Wenn wir grillen im Sommer, dann wollen die Vögel wissen, was los ist und dann geht das Geschnatter los“, sagt Frank Bellin. Freunde, die nicht tierlieb seien, könnten das kaum aushalten.
Anita und Frank Bellin haben landwirtschaftliche Berufe erlernt. „Aber Nutztiere, die wollten wir nicht“, sagt Anita Bellin. Daher habe man sich mit der Haltung von anspruchsvollen Tieren beschäftigt. Mit exotischen Vögeln hat es vor 15 Jahren angefangen. Mittlerweile hat die Familie unter anderem Zwerg- und Goldnackenaras, grüne Kongo-Papageien, Veilchenpapageien und Schwalbensittiche. Nicht zu vergessen der Lachende Hans und seine Partnerin.
„Es ist einfach hoch ansteckend, mit Tieren zu leben“, sagt Frank Bellin über seine Tierleidenschaft. Seiner Frau geht es genauso. Bei anderen Paaren würde der Partner bei so einem Hobby irgendwann Stopp sagen – im Hause der Bellins gibt es das nicht. Immer wieder kommt ein neues Vogelpaar dazu, immer wieder ein neuer Exot. Für ihren kleinen Privatzoo gibt die Familie allein für Futter über 100 Euro im Monat aus.
Stolz sind die Tierfans auch auf ihre Seriemas. Der Vogel mit den langen Beinen schreitet im staksigen Gang über den Rasen. Das aus Südamerika stammende Tier mit seiner Irokesenhaube sei vermutlich Nachfahre der ausgestorbenen Terrorvögel, sagt Frank Bellin. Die flugunfähigen Tiere wurden bis zu 350 Kilo schwer und konnten Laufgeschwindigkeiten von über 50 Stundenkilometern erreichen. Mit Fußtritten erlegten sie zum Beispiel Antilopen. Ihren großen Schnabel setzen sie auf der Jagd als Axt ein.
„Die Nachfahren sind nicht mehr aggressiv“, sagt Frank Bellin und schaut liebevoll auf den vor ihm her stolzierenden Seriema. Geblieben ist dem kranichartigen Vogel ein markantes Merkmal: Wenn er seinen Kopf in den Nacken legt, klingen seine gellenden Rufe wie das Gebell von Hundewelpen. Und das ist so betörend, das Nachbar Hans mit ganzen Lachsalven in das Gebelle einsteigt.
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