Potsdam-Mittelmark: Aus Utopischen reale Extrakte herausgefiltert
Intelligente Tonnen, Nuthe-TV, Mitfahrzentrale: Die Ergebnisse einer Zukunftskonferenz für Nuthetal
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Intelligente Tonnen, Nuthe-TV, Mitfahrzentrale: Die Ergebnisse einer Zukunftskonferenz für Nuthetal Von Winfried Gutzeit Nuthetal. Beim jährlichen gemeinsamen Nuthefest wird die Nuthekönigin gewählt. Jeden Abend flimmert für eine Stunde das Nuthe-TV mit dem Aktuellsten vom Tage in alle Wohnzimmer der Gemeinde. Die Arbeit des Bürgermeisters wird regelmäßig öffentlich bewertet. Sollte die Verwaltung schlecht arbeiten, wird sie nach Hause geschickt und von den Bürgern eine neue gewählt. Denn in 25 Jahren hat die Gemeinde Nuthetal ein Bürgerparlament, das ausschließlich für den Nutzen für alle Bürger arbeitet und in seiner Arbeit zu Transparenz verpflichtet ist. Zudem soll das Sparen belohnt werden. Das gilt für Wasser- und Energieverbrauch genauso wie für Abwasser- und Abfallmengen. Das waren die wohl utopischsten Ideen auf der Zukunftswerkstatt am vergangenen Sonnabend in der Grundschule Bergholz-Rehbrücke. Eingeladen hatten die Akademie „2. Lebenshälfte“ und der Arbeitskreis Lokale Agenda, um gemeinsam Ideen für „Nuthetal @ Aufbruch in eine aktive und lebendige Großgemeinde“ zu sammeln. Immerhin waren 26 interessierte Bürger gekommen und vergaßen ihre anfängliche Skepsis recht bald. Die Aufwärmphase wurde ihnen durch die Moderation von Carola Wildt und Thomas Withöft vom Sozialpädagogischen Fortbildungswerk Brandenburg entschieden erleichtert. Was jedoch auffiel: Die Teilnehmer kamen fast alle aus Bergholz-Rehbrücke. Von der neuen Gemeindevertretung waren lediglich Annerose Hamisch-Fischer, Ute Hustig aus Saarmund, beide für PDS, Gerhard Kruspe für die SPD und Rainer zum Lehn von den UBI-Grünen erschienen, dazu mit Nicole Beißel und Dr. Alfred Täufel zwei ehemalige SPD-Abgeordnete. CDU und Liberale, aber auch alle Vereine, die Feuerwehren und die kleinen Orte zeigten ansonsten keinerlei Interesse. Dabei war die Ideensuche völlig losgelöst von politischen Anschauungen, und am Schluss lag ein Netzwerk zu Füßen der Teilnehmer, die sich zuvor ein Wollknäuel wie einen Ball zugeworfen und dabei ihre Gedanken ausgetauscht hatten. Ziel war die Herausarbeitung von Besonderheiten von Nuthetal und das Aufzeigen von Wegen für seine künftige Entwicklung. Als Einstieg hagelte es Kritik an den Zuständen im bisherigen Amt. Die Spitze hielt dabei das Thema „Ordnung und Sauberkeit“ mit 17 Äußerungen, gefolgt von 13 Meinungen zur Vernachlässigung des Ortsbildes und zehn herben Kritiken an der Arbeit der Verwaltung. Nuthe im Spiegel: ehtun Eine der Hauptbedingungen für die Ideenfindung war: Es wird grundsätzlich nicht diskutiert, so dass nicht jede Idee zerredet und damit Zeit vertan wird. Nur sammeln, kurz bewerten und über die Idee entscheiden, das ist eine Methodik, die mit ähnlichen Ansätzen bereits Ende der 60er Jahre vom Institut für Schweißtechnik in Halle/Salle entwickelt wurde und seinerzeit als „Ideenkonferenz“ bekannt wurde. Dann wurde aus den fünf zunächst utopisch anmutenden Ideen-Komplexen der reale Extrakt herausgefiltert. Und diese Aufstellung erschien dann auf einmal sehr realistisch und auch praktisch umsetzbar, wobei es dabei kaum um Geld ging, das die Gemeinde dafür auszugeben hätte: Das Problem der gerechten Hausmüllentsorgung ist nach Meinung der Teilnehmer sofort lösbar mit einer „intelligenten Tonne“, die nur die tatsächliche Abfallmenge registriert. Die Idee von der Integration von Jung und Alt ist eigentlich so neu nicht, muss nur endlich in die Realität umgesetzt werden. Das könnte nach gründlicher Analyse der Situation schrittweise in Projekten bereits im kommenden Jahr erfolgen. Zur Verbesserung von Information und Kommunikation in der Gemeinde sollte zunächst eine interaktive Internet-Seite erstellt werden, bis später einmal das Nuthe-TV möglich sein sollte. Diese Homepage könnte bis zum nächsten Sommer verfügbar sein. Dem überquellenden innerörtlichen Verkehr könnte man mit Fahrgemeinschaften und einer Mitfahrzentrale per Internetseite begegnen. Ein „wahres“ Bürgerparlament steht zwar derzeit noch in den Sternen, doch könnte die nächste Zukunftswerkstatt im kommenden Jahr darüber eingehender beraten, vieleicht zusammen mit den politisch Verantwortlichen und der Verwaltung der Gemeinde. Das Moderatorenteam hat im übrigen eine Besonderheit der Gemeinde herausgefunden. Stellte man den Fluss als Namensgeber „auf den Kopf“, so kann man den Bewohnern bescheinigen: Experementierfreudig, Handlungsstark, Tolerant, Utopisch, Neugierig.
Winfried Gutzeit
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