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Von Thomas Lähns: Außenminister im Innendienst
Frank-Walter Steinmeier (SPD) besuchte wieder seinen Wahlkreis – der Tross reiste mit
Stand:
Beelitz - Die Hektik ist Karin Höpfner etwas unangenehm: „So ein großer Tross“, sagt sie mit einer Mischung aus Kopfschütteln und Staunen, als dutzende Journalisten, Politiker und Bodyguards an ihr vorüberziehen. Die Geschäftsführerin der Beelitzer Struik Food-Niederlassung hat an diesem Tag prominenten Besuch: Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist ein weiteres Mal im Wahlkreis 61 unterwegs, um sich als sozialdemokratischer Spitzenkandidat für die Bundestagswahlen im September zu präsentieren – oder feiern zu lassen? Aus Berlin ist er angereist, um zu sehen, wie sich der mittelmärkische Mittelstand in wirtschaftlich harten Zeiten schlägt.
Schließlich gibt es bei Struik-Food Erfolge zu vermelden, die hört man im Wahlkampf gern: Nachdem der traditionsreiche Standort 2003 von seinem damaligen Träger aufgegeben worden war, übernahm das niederländische Unternehmen Struik-Foods die Hallen in der Zektin-Straße. Von Babynahrung wurde auf Dosengerichte umgestellt. 40 Millionen Büchsen verlassen die Hallen nun jährlich, 70 Mitarbeiter zählt das Unternehmen. Zehn weitere sollen eingestellt werden, wenn ab August der Sterilisator in Betrieb geht. Damit können in der gleichen Zeit noch mehr Dosen zum Abfüllen vorbereitet werden, 6000 pro Stunde.
All das berichtet Höpfner im Versammlungsraum, während ausgewählte Struik-Mitarbeiter in einer Ecke für Fragen des Ministers bereitstehen. Der Minister fragt aber nicht – und auch sie haben keine Fragen. Die Beelitzer Brennpunkte sind woanders: Beispiel Beelitz-Heilstätten. Der neue Eigentümer der ehemaligen Militärflächen sucht händeringend nach außenpolitischer Fürsprache, um russische Investoren für die Entwicklung eines Wissenschaftsparks zu werben. Unlängst hatte er sich schriftlich an Außenminister Steinmeier gewandt.
Auch die Weltpolitik hat heute Pause. Gute Nachrichten aus der Region statt internationaler Trauerspiele um Opel, ein Nachmittag mit Genossen statt Konfrontation mit der Kanzlerin. Selbst die Schlappe bei der EU-Wahl am Sonntag ist schon wieder etwas weiter weg. Beelitz tut gut, zumal man hinter verschlossenen Türen unter sich sein kann. Wunden lecken mit Günter Baaske und Thomas Wardin? Was zwischen Struik-Foods und den SPD-Vertretern hinter verschlossener Tür beraten wird, während die übrigen Gäste im Vorzimmer mit nachdenklichen Bronzebüsten von Wilhelm Pieck und Wladimir Iljitsch Lenin alleingelassen werden, bleibt im Verborgenen. Wie lange die hier wohl schon warten? Eine SPD-Frau flötet: „Es ist doch auch ganz schön, mal ohne Presse zu sein.“
Die ist erst wieder im Gefolge willkommen, als es noch schnell durch die Werkshallen geht. Für die anfangs zugesagte Fragerunde bleibt keine Zeit. Später, auf der Station Belzig, lobt der SPD-Spitzenkandidat mutig die ehrenamtlichen Helfer in Brandenburgs Feuerwehren und Sportvereinen als „Helden des Alltags“.
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