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Regionalbahn in Potsdam-Mittelmark: Bahn blockiert Brückenbau

Das Land beklagt die fehlende Planung für die Berliner Umgehungsbahn. Die fehlende Brücke würde viele Netzprobleme lösen.

Von Enrico Bellin

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Potsdam-Mittelmark - Kleine Nadelbäume, die zwischen Holzschwellen wachsen, ein Gleisbett, das auf einem Brückenfundament abrupt endet: So sieht ein Bahnknoten aus, der der Natur überlassen wird. Zwischen dem Beelitzer Stadtbahnhof und dem Bahnhof Ferch-Lienewitz klafft diese etwa 500 Meter lange Lücke im Schienenstrang der Berliner Umgehungsbahn, die hier eigentlich die Wetzlarer Bahn zwischen Beelitz-Heilstätten und Seddin überquert. Die Lücke verhindert, dass Züge von Beelitz über Ferch und Caputh zum Potsdamer Hauptbahnhof fahren können.

Derzeit nehmen die Züge von Beelitz aus den Weg über Michendorf nach Berlin-Wannsee und fahren in Potsdam nur die Bahnhöfe Rehbrücke und Medienstadt-Babelsberg an. In Absprache mit den Kommunen hat das Brandenburger Infrastrukturministerium den Aufbau der fehlenden Brücke deshalb in die Nahverkehrsplanung bis 2017 aufgenommen – und fühlt sich nun durch die Deutsche Bahn ausgebremst. „Wir wollen mit diesem sinnvollen Projekt weiterkommen, aber bei der Bahn bewegt sich nichts“, sagt Lothar Wiegand, Pressesprecher des Ministeriums.

Seit Jahren sei der Wiederaufbau gewollt, doch noch immer lägen bei der Bahn keine Pläne dafür vor. „Wir haben sogar angeboten, einen Teil des Projektes mitzufinanzieren“, so Wiegand. Eigentlich müsste der Bund als Eigner des Schienennetzes die Kosten allein tragen. Doch auch zum Angebot des Landes gab es von der Bahn keine Reaktion. Das Ministerium habe nun keine Handhabe mehr, die Planung zu beschleunigen.

Seitens der Deutschen Bahn gibt man sich zu den Vorwürfen gelassen. Bis zum Sommer werde erst einmal eine Aufgabenstellung erarbeitet und geprüft, welche Arbeiten für den Brückenbau notwendig sind, so Deutsche-Bahn-Sprecher Gisbert Gahler. „Danach folgt eine Vorentwurfsplanung.“ Darin werde unter anderem festgelegt, wie schnell die Züge auf der Strecke fahren sollen. Da der Streckenabschnitt mit der Brücke 2008 stillgelegt wurde, müsse faktisch ein Streckenneubau inklusive Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Dies könne sich über mehrere Jahre hinziehen.

Nach der Aufgabenstellung müsse laut Gahler geprüft werden, ob es überhaupt einen Finanzierungsrahmen gibt. „Neben dem Brückenbau, der den größten Brocken darstellt, muss auch die Strecke von und zur Brücke neu aufgebaut und mit moderner Sicherheitstechnik ausgerüstet werden“, so Gahler. Die Kosten für die wenigen Hundert Meter stehen noch nicht fest, es gehe aber definitiv um einen mehrstelligen Millionenbetrag. Es seien noch keine Mittel beim Bund bereitgestellt.

Das sorgt nicht nur beim Land für Unverständnis, auch in den betroffenen Kommunen zeigt man sich überrascht. „Für uns ist der Wiederaufbau der Strecke wichtig, da wir so endlich eine schnelle Verbindung ins Potsdamer Stadtzentrum bekommen würden“, sagt der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis Beelitz). „Außerdem würde sich mit der neuen Linienführung die Verbindung nach Werder (Havel) verbessern.“ Die Stadt bildet mit Beelitz ein gemeinsames Mittelzentrum.

Derzeit müssen Fahrgäste des Nahverkehrs entweder langwierig mit dem Bus bis ins Potsdamer Stadtzentrum fahren oder mit der Bahn nach Berlin-Wannsee, um eine Verbindung in die Partnerstadt zu bekommen. Wenn der Zug irgendwann einmal über Caputh nach Potsdam fährt, könnten Pendler zwischen Beelitz und Werder im Potsdamer Westen umsteigen und 20 Minuten Fahrzeit sparen. Derzeit braucht man mit der schnellsten Verbindung mindestens eine Stunde zwischen Beelitz und Werder.

Auch die Bürgermeisterin der Gemeinde Schwielowsee, Kerstin Hoppe (CDU), zeigt sich enttäuscht. „Es geht nicht, dass die Bahn die Geschichte offenbar aussitzt.“ Es sei zwar klar, dass manche Planungen Zeit brauchen. Jedoch müsse sich die Bahn eindeutig für den Brückenbau positionieren. Hoppe betont dabei die Bedeutung der Verbindung für die Gemeinde: Zu den Hauptverkehrszeiten gebe es ab Caputh nur noch Stehplätze im Zug. Eine Verbindung nach Beelitz würde die Nachfrage auf der Linie sicher noch steigern. Außerdem soll am Bahnhof Pirschheide das Umsteigen zur Regionalbahn nach Schönefeld möglich werden, wofür ebenfalls noch Umbaumaßnahmen geplant werden müssen.

Die Bürgermeisterin erinnert daran, dass die Linie Beelitz-Caputh-Potsdam nichts Neues ist: Bis Dezember 1998 fuhr bereits ein Regionalzug auf der Strecke. Dann wurde die Verbindung wegen der maroden und inzwischen abgerissenen Brücke gekappt.

Hintergrund

Die Regionalbahn 33, die derzeit von Jüterbog über Beelitz-Stadt und Michendorf nach Berlin-Wannsee fährt, könnte laut Nahverkehrsplan zukünftig über Ferch-Lienewitz, Caputh, Potsdam-Pirschheide und Potsdam-Charlottenhof zum Potsdamer-Hauptbahnhof fahren. Am Bahnhof Pirschheide soll es nach Umbaumaßnahmen eine Umsteigemöglichkeit in die Züge zum Flughafen Schönefeld geben. Am Bahnhof Potsdam-Charlottenhof könnten Zugpassagiere aus Beelitz künftig nach Werder (Havel) umsteigen und sparen sich so den Umweg über den Potsdamer Hauptbahnhof. Zwischen Michendorf und Berlin-Wannsee könnte eine neue Regionalbahnlinie die wegfallenden Züge aus Beelitz ersetzen. Sie würde gemeinsam mit der Regionalexpresslinie 7 den in Michendorf dringend gewünschten Halbstundentakt nach Berlin sicherstellen. Derzeit fahren Züge zur vollen Stunde und zehn Minuten später nach Berlin, danach herrscht eine Lücke von 50 Minuten. Einen Zug von Michendorf nach Beelitz würde es nicht mehr geben, hier besteht bereits eine Busverbindung. Die Regionalbahnlinie 23, die derzeit von Michendorf über Ferch und Caputh nach Potsdam-Hauptbahnhof fährt, würde ersatzlos gestrichen werden. Damit verlieren Michendorf und Seddin den Bahnanschluss an Ferch, Caputh und Potsdam-Hauptbahnhof. Zum Hauptbahnhof ist man von Michendorf aus aber bereits jetzt per Bus schneller. (eb)

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