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Blick von unten. In der Seddiner Werkstatt werden Loks winterfest gemacht.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Bahn heizt Weichen ein

Damit die Züge im Winter rollen, wurde das Schienennetz aufgerüstet und mehr Räumkräfte eingestellt

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Seddiner See - Fett für den Stromabnehmer, Frostschutzmittel für die Scheibenwischer, Türdichtungen abschmieren. Dirk Hähnel hat in der DB Schenker-Rail-Werkstatt auf dem Rangierbahnhof Seddin viel zu tun. Gemeinsam mit seinen Kollegen macht er dort Lokomotiven fit für den Winter, der nun jeden Tag kommen kann.

Seit dem Frühjahr bereite man sich auf die kalte Jahreszeit vor, sagte Steffen Hering, Qualitätsbeauftragter des Konzerns für die Regionen Nordost/Südost, am gestrigen Dienstag bei der Vorstellung des Winterprogramms in Seddin. In der Werkstatt direkt neben einem der größten Rangierbahnhöfe Deutschlands, den täglich 1500 Waggons verlassen, werden Elektro- und Diesellokomotiven von der Deutschen Bahn sowie von privaten Bahnunternehmen gewartet und für den Wintereinsatz vorbereitet.

So werden die „Besandungsanlagen“ kontrolliert und aufgefüllt: Sie streuen beim Bremsen Sand direkt vor die Räder, der die Haftung zwischen Rad und Schiene verbessern soll. Bundesweit steckt die Bahn nach eigenen Angaben über 70 Millionen Euro in die Wintervorbereitung von Lokomotiven, Triebwagen und Schienennetz, um ein ähnliches Desaster wie im Jahr 2010 zu vermeiden. Damals machten haufenweise Loks schlapp, Weichen ließen sich nicht stellen und Züge steckten im Schnee fest.

Oft seien es Kleinigkeiten, die Großes bewirken könnten, sagte Steffen Hering beim Rundgang über den Rangierbahnhof. Triebzüge erhielten zum Beispiel eine größere Abdeckung über der Kupplung, die nun nicht mehr vereisen sollen. Bei den Weichen soll Wärme gegen Schnee und Eis helfen. 6500 sind in der Region mittlerweile beheizt; 800 mehr als vor einem Jahr.

Wenn die Technik versagt, ist wie vor 100 Jahren Handarbeit gefragt: Dann wird der Weichenbesen geschwungen. 29 externe Firmen stellen zusammen 2385 Räumkräfte, weitere 150 kommen von der Bahn AG dazu. Damit sie nicht unter die Räder kommen, ist auch die Zahl der Sicherungskräfte, die die Besenschwinger warnen, wenn ein Zug sich nähert, erhöht worden – auf insgesamt 1390. Weil Sicherungspersonal fehlte, mussten im Albtraumwinter 2010 die Räumer und die Züge oft untätig herumstehen.

Wenn der Schneeberg allerdings wächst, müssen Maschinen ran. Vier Schneepflüge, einst für die Reichsbahn im Ausbesserungswerk Meiningen gebaut, sowie zwei moderne Schneeschleudern stehen in der Region bereit – unter anderem in Frankfurt (Oder) und in Priort am Berliner Außenring. Schneit’s weniger, reicht auch der Bahnmotorwagen aus, bei der Bahn „Bamowag“ genannt. An das sonst beim Gleisbau eingesetzte Fahrzeug kann ein Schneebesen oder eine Schneefräse angebaut werden, die die unliebsame Pracht von den Gleisen kehren oder wegpusten.

Liegt der Schnee nur zentimeterhoch, schickt die Bahn schwere Lokomotiven über die Gleise. Diese „Spurlokfahrten“ schaffen vor allem den modernen Triebwagen im Nahverkehr, die unter anderem auf dem RE 7 unterwegs sind und ihre Technik am Fahrzeugboden tragen, freie Fahrt. Klaus Kurpjuweit

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