Potsdam-Mittelmark: Balsam für gestresste Kinder

Michendorf - Wenn das Kind sich an der Supermarktkasse auf den Boden schmeißt, laut schreit und alle bösen Blicke zu den Eltern gehen, sollte man einfach ein Buch aus der Tasche ziehen. Und zwar ein Entspannungsbuch. Nicht für die entnervten Eltern, sondern für die tobenden Kinder. Denn sie sind gestresst und brauchen Hilfe – sonst würden sie ja nicht so ein Theater machen. Die Michendorferin Anke Reimann hat sich in vielen kleinen Geschichten mit dem Stress der Jüngsten in ihrem neuen Kinderbuch „Meine Oase der Ruhe“ auseinandergesetzt.

„Die Eltern wollen ihren Kindern einen guten Start verschaffen – leider spielt da aber viel Zukunftsangst mit hinein“, so die 44-jährige Autorin und Mutter eines zwölfjährigen Sohnes. Dass mittlerweile auch schon Kinder sich entspannen müssen, werde zu einem immer wichtigeren Thema. „Auch Kinder fühlen Reizüberflutung, Leistungsdruck und Stress“, so Reimann. Da könnten Szenen wie der Eklat vor der Supermarktkassen schon mal vorkommen. Für ihre Recherche hat sich Reimann mit einer Psychologin, einer Physiotherapeutin und einer Entspannungstrainerin ausführlich unterhalten.

Entstanden sind Geschichten, die verbunden sind mit Massagen, autogenem Training und progressiver Muskelentspannung. Wie funktioniert so was? Während die Eltern eine Geschichte über das Universum erzählen, werden die einzelnen Planeten auf dem Rücken der Kinder einmassiert. Wenn es leicht drückt – Akkupressur – dann sind das gerade Ufos, die auf einen Planeten gestürzt sind, sagt die Autorin mit einem Lachen. Ihre Geschichten sollen auch den Kindern wieder ein Lachen auf die Lippen zaubern. Auch die Muskeln werden dank einfacher Fantasiebilder schnell entspannt. Dafür sollen sich die Kinder zum Beispiel vorstellen, dass ihre Hände zwei schwere Maschinen sind. „Und in denen wird dann, wenn man sie ganz fest zusammendrückt, Eisen geschmolzen“, so Reimann. Beim Loslassen laufe das Eisen dann in der Kindervorstellung in schöne Formen.

Die Illustrationen in dem Kinderbuch stammen auch alle von der Michendorfer Autorin. Hatte sie früher als freie Journalistin gearbeitet, bekam sie in den letzten Jahren immer mehr Aufträge für Illustrationen. Wenn ihre Auftraggeber ihr die künstlerische Freiheit lassen, dann zeichnet sie für sie am liebsten sogenannte Wimmelbilder. Das Auge kann sich daran kaum sattsehen, immer wieder gibt es etwas Neues zu entdecken. Ihre Bilder erinnern in der Machart an die legendären Bilderbücher des Münchners Ali Mitgutsch. Die knubbeligen Nasen ihrer Figuren und deren Kulleraugen hingegen wieder an die Cartoons von Uli Stein.

Auf ihren Wimmelbildern hat Anke Reimann bisher das Leben dreier Harz-Städte dargestellt. Für das Stadtmarketing von Goslar, Bad Harzburg und Thale war die gebürtige Leipzigerin bisher aktiv. In den letzten 20 Jahren lebte sie in Bad Harzburg. Gerne würde sie sich jetzt Potsdam oder Caputh als Wimmelbild vornehmen. „Der Schwielowsee, die Boote, das Schloss, der Einsteinturm und die vielen schönen Häuser in Potsdam – das gibt ein richtig belebtes Bild.“

In die Region ist sie wegen ihres Sohnes gekommen. Der ist begeisterter Filmemacher. Mit einer einfachen Fotokamera dreht und schneidet er seit der Grundschule seine eigenen kurzen Filme. „Sein größter Wunsch war es, auf das Babelsberger Filmgymnasium zu gehen“, so Reimann. Also zog die Familie vor zwei Monaten von Bad Harzburg nach Michendorf.

Gestresste Kinder hat Anke Reimann in Michendorf bisher noch nicht gesehen. Im Wohngebiet nördlich der Bahnlinien, wo die Familie mittlerweile wohnt, würden die Kinder über die Wiesen springen. Die Entspannungsgeschichten könnten ihnen aber auch nicht schaden – immerhin laden sie zum Träumen und Phantasieren ein.

Das Kinderbuch „Meine Oase der Ruhe“ für Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren ist im Weltbild-Verlag erschienen und für 9,99 Euro erhältlich. ISBN-13: 9783828963474