DasWAR’S: Baumarkt und Möwen
DasWAR’S Was Peter Könnicke gern herausfindet Mitunter fühle ich mich in Geschäften wie in einer anderen Welt. In Baumärkten zum Beispiel, wo ich Dinge sehe, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, wozu die gut sein sollen.
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DasWAR’S Was Peter Könnicke gern herausfindet Mitunter fühle ich mich in Geschäften wie in einer anderen Welt. In Baumärkten zum Beispiel, wo ich Dinge sehe, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, wozu die gut sein sollen. Und dann kommt jemand, packt sich ganz selbstverständlich seinen Korb voll, geht zielsicher zum nächsten Regal und lässt mich voller Minderwertigkeitskomplexe stehen. Und wenn mir dann ein Baumarktverkäufer noch Begriffe wie „Abfasen“ nennt, fühle ich mich allein, hilflos und deprimiert. Ich mache mir dann Mut, indem ich mir einrede, dass Baumarktverkäufer schließlich auch keine Ahnung haben, was „journalistisches Runterbrechen“ ist. Wenn irgendwo in der Welt etwas passiert, Katastrophen, Banküberfälle, Eiszeiten, fragen wir Lokalredakteure, wie das bei uns aussehen würde. Könnte sich ein Naturschauspiel im brasilianischen Regenwald im Kleinmachnower Bäketal wiederholen? Der örtliche Naturschutzbeauftragte und Revierförster würden uns erklären, warum mit vergleichbaren Geschehnissen zu rechnen ist. Oder warum nicht. Ich weiß nicht, wer damit angefangen hat zu überprüfen, ob ferne Ereignisse auch bei uns zu Hause möglich sind. Aber es gehört zum journalistischen Geschäft. Beim Elbhochwasser bin ich an die Nuthe gefahren und habe tatsächlich entdeckt, dass die Kuhweiden bei Saarmund überflutet waren. Als bei der Fußball-WM vor zwei Jahren Deutschland gegen die USA gespielt hat, bin ich zu einem Harley-Davidson-Shop nach Dreilinden geeilt. Wieso? Harley - Route 66 - Amerika. Alles klar! Als jetzt aus dem Osloer Munch-Museum „Der Schrei“ geklaut wurde, haben viele große deutschen Tageszeitungen recherchiert, wie sicher die Museen in Frankfurt, München oder Berlin sind. Ich frage mich, ob ich das Schweinemuseum in Ruhlsdorf hätte anrufen sollen. Eine gute Quelle für runterzubrechende Themen sind meist die letzten Seiten einer Zeitung. Sie heißen meist „Weltspiegel“ oder „Aus aller Welt“. Gestern stand da, dass laut englischen Forschern Betten in Büros die Produktivität fördern. Ich glaube, das lässt sich ganz leicht runterbrechen. Vielleicht wird es sogar ein Selbsterfahrungsbericht. Schwieriger wird es damit: „Umweltgifte können Möwen zu homosexuellen Anflügen veranlassen“. Ich fürchte, eher lerne ich im Baumarkt, was „Abfasen“ ist, als dass ich über schwule Möwen am Teltowkanal schreibe.
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