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Potsdam-Mittelmark: Baumblütenfest zwei Wochen früher ?

Vorschlag der SPD Werder erntet Kopfschütteln, doch Experten bestätigen Trend zur früheren Blüte

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Werder (Havel) - Rund 14 Tage früher war die Obstblüte im vorigen Jahr dran. Wenn es keinen Kälteeinbruch mehr gibt, wird es in diesem Jahr ähnlich kommen, sagen Obstbauexperten in Werder. Joachim Lindicke, SPD-Fraktionschef im Stadtparlament und Gartenbaulehrer, machte deshalb in der Kulturausschusssitzung am Dienstagabend einen denkwürdigen Vorschlag: das Baumblütenfest um zwei Wochen vorzuverlegen.

Bislang findet das Fest vom letzten April- bis zum ersten Maiwochenende statt, in diesem Jahr vom 26. April bis 4. Mai. Die Kirschblüte, die dem Fest den Namen gab, war im vorigen Jahr da schon vorbei. „Bei den Baumblütenfahrten waren sogar die Apfelblüten grün“, so Lindicke. Zumindest in den vergangenen fünf bis sieben Jahren sieht er einen deutlichen Trend zur früheren Obstblüte, auch wenn es 2006 nach einem kalten Winter „einen Ausreißer“ gab. „Wir müssen uns dem Klimawandel stellen, in jeder Hinsicht.“

Im Kulturausschuss stieß der Vorstoß auf Kopfschütteln. „Das geht zum Orakel nach Delphi“, sagte Ausschusschef Gerhard Opitz (FDP). Werders 1. Beigeordneter Hartmut Schröder (CDU) sagte den PNN, dass das Baumblütenfest seit eh und je mit dem Risiko behaftet sei, dass nichts blüht. „Wir werden uns nicht ernsthaft mit einer Verschiebung beschäftigen, vielleicht in 20 Jahren, wenn der Klimawandel dann eintreten sollte.“

Mildere, feuchtere Winter, heißere und trockenere Sommer – so sieht die Prognose des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung für Brandenburg in den nächsten 50 Jahren aus. Die Jahrestemperatur soll um ein bis zwei Grad steigen. Werders Obstbauern müssen sich auf stärkeren Schädlingsbefall einstellen und über Bewässerungstechniken nachdenken, heißt es aus dem PIK.

Die Uhr tickt bereits, sagt Professor Manfred Stock, der für das Institut in verschiedenen Gremien die Landesregierung Brandenburg zum Thema Erderwärmung berät. „Leute, die noch nicht begriffen haben, dass wir uns bereits mitten im Klimawandel befinden, müssen blind sein.“ Zum Thema Obstblüte verweist Stock auf phänologische Erhebungen des Instituts, wonach sie schon jetzt eine Woche früher eintritt als in den 60er Jahren – wobei sich der Trend seit 1990 noch beschleunigt hat.

„Klimawandel und Obstbau“ war auch das Kernthema des Obstbautages am 31. Januar, der einmal jährlich vom Landesverband Gartenbau ausgerichtet wird. Einer der Referenten: Frank Chmielewski von der Humboldt-Universität Berlin, der über das Forschungsprojekt „Klimawandel und Obstbau in Deutschland“ berichtete. Bislang wurden dafür Daten im Alten Land, Rheinland-Pfalz und im Bodenseegebiet erhoben, jetzt soll auch Brandenburg einbezogen werden.

Auch Chmielewski erläuterte den Zusammenhang, der zwischen geänderter Lufttemperatur und dem Beginn der Apfelblüte von 1960 bis 2005 besteht. Um 1,4 Grad ist die Durchschnittstemperatur bereits gestiegen – jedes Grad bringe eine um fünf Tage frühere Blüte mit sich. Die Uni will jetzt Strategien entwickeln, wie der Obstbau unter diesen Vorzeichen überleben kann. Henry Klix

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