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Potsdam-Mittelmark: Baumpate Hans Eiche(l)

Kleinmachnower Bemühungen, Baumfällungen für Schleusenausbau zu verhindern

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Kleinmachnower Bemühungen, Baumfällungen für Schleusenausbau zu verhindern Von Peter Könnicke Kleinmachnow. Der Berliner Achim Förster, ein leidenschaftlicher Kämpfer für Natur und Landschaft, hat eine Idee. Sie klingt lustig, zeigt aber auch die ganze Verzweiflung, mit der sich vor die über hundert Bäume gestellt wird, die im Dezember für den Ausbau der Kleinmachnower Schleuse gefällt werden sollen. Man sollte, so sinniert Förster, einer markanten Eiche des vielstämmigen Hains den Namen des Bundesfinanzministers geben: Hans Eiche(l)! Vielleicht würde ja dann der nationale Kassenwart einen engeren Bezug zu dem Ort aufnehmen, an dem er auf seiner emsigen Suche nach Sparpotenzial fündig werden könnte. Etliche Millionen Euro ließen sich in Kleinmachnow sparen, wenn auf den gigantischen Ausbau der Schleuse auf 190 Meter verzichtet wird. Dass Eichel dabei kein schlechtes Gewissen haben müsse, wenn er am Teltowkanal den Rotstift ansetzt, ist die feste Überzeugung vieler Kleinmachnower. Etwa 500 trafen sich am Samstagmorgen am historischen Schleusenbauwerk, um gegen die angekündigte Baumfällaktion als Vorgriff auf den Ausbau zu demonstrieren. „Irrsinn ist das“, rief der bündnisgrüne Gerhard Casperson ins Mikrofon. Allein im Stakkato aufgezählt, erscheinen vielen die Gründe für den Schleusenausbau und die damit verbundenen Rodungen in der reizvollen Aue des Teltowkanals nicht nachvollziehbar. Die Menge der zu schleusenden Fracht nimmt kaum zu, statt der vor Jahren angenommenen 10 Millionen Tonnen sollen es jährlich nur 1,5 Millionen sein. In Brandenburg wird das Güteraufkommen für die Binnenschifffahrt stagnieren. Der Berliner Osthafen als ursprüngliches Ziel der durch Kleinmachnow kommende Flotte ist längst aufgegeben. Ebenso die Idee, den Teltowkanal für riesige Schiffe auszubauen. Die Schleuse, so Casperson, wäre das millionenschwere Tor zu einer Sackgasse. „Wir brauchen kein weiteres Mahnmal für die Verschleuderung von Steuergeld“, erregt sich daher Manfred Hauck von der Bürgerinitiative „pro Kanallandschaft“. Inzwischen zeigt der Appell an die Politik, „Mut für ein Umdenken“ aufzubringen, erste Wirkungen. So unterstützt Brandenburgs Vize-Premier und Innenminister Jörg Schönbohm, dessen Frau sich am Sonntag in den Protestzug einreihte, die Bürgerinitiative in der Forderung, Wirtschaftlichkeit und Finanzierung des Schleusenausbaus neu zu überprüfen – „und das insbesondere in Zeiten knapper Kassen“. Schönbohm, der in Kleinmachnow zuhause ist, tritt „für eine Aussetzung der Baumfällaktion ein, solange kein positives Prüfergebnis vorliegt.“ Die Botschaft wurde von den Demonstranten mit Beifall aufgenommen. Zugleich „dürfen wir Ministerpräsident Platzeck daran messen, ob er umgehend etwas bewirkt“, formulierte Hauck eine vielfache Erwartung an den Landesvater. „Er hat die Möglichkeiten.“ „Ein Moratorium von mindesten drei Jahren“, schlägt der Kleinmachnower Axel Mueller vor. „Lasst uns 2006 entscheiden, ob einen Instandsetzung der vorhandenen Schleuse oder ein Ausbau auf 115 Meter oder eine auf 190 Meter verlängerte Schleuse gebraucht wird“, so das Plädoyer des Grünen. Im Wasserstraßen-Neubauamt Berlin (WNA) ist die Frage entschieden. Die Behörde stützt sich auf den Planfeststellungsbeschluss – quasi die Baugenehmigung – für die Schleuse, der im Einvernehmen mit Brandenburgs Landesregierung getroffen wurde. „In den Amtsstuben fragt bei dem Stand getroffener Entscheidungen niemand nach volkswirtschaftlichen Notwendigkeit oder Sinnfälligkeit“, gibt sich Mueller keiner Illusion hin. „Dienst nach Vorschrift“, nennt es die bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete aus Kleinmachnow, Cornelia Behm. Das mache die Gefahr für die Bäume am Kanalufer so akut. 50 000 Euro ist laut Behm der diesjährige Etatansatz für das Schleusenprojekt. „Die werden eher versägt als zurück gegeben“, weiß Behm, dass das WNA die falsche Adresse für Appelle ist. Vielmehr hat sie direkt bei Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe angeklopft. Zum einen hat sie an sein märkischen Gewissen appelliert und ihm versichert, „dass viele Brandenburger noch immer große Hoffnungen in ihn setzen“. Und sie hat Stolpe aufgefordert, für die Machnower Schleuse eine „Denkpause“ einzulegen. „Wenn einer die Notbremse ziehen kann“, dann der Verkehrsminister.“ Vielleicht muss Hans Eichel nicht Baumpate werden, um zu merken, dass die Millionen an der Kleinmachnower Schleuse derzeit nicht sinnvoll angelegt sind. Die leeren Kassen würden ihn spätestens bei den nächsten Haushaltsplanungen fragen lassen, ob die Investition wirklich sein muss. Darauf setzt zumindest Cornelia Behm. Für die Bäume und eine mögliche Patenschaft käme die Einsicht dann jedoch zu spät. „Deshalb“, so Behm, „darf der Protest nicht aufhören.“

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