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Potsdam-Mittelmark: Bayrische Spargelkonkurrenz
Ein Landwirt aus Inchenhofen mischt Brandenburgs Spargelszene auf. In Beelitz fürchtet man einen Verdrängungswettbewerb
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Beelitz/Rauschenberg - Das Grün auf den Feldern ist verschwunden, dafür bedecken Folien die Äcker. Folien und Spargeldämme so weit das Auge reicht. Vor zwei Jahren hat ein Landwirt aus Bayern in Rauschendorf, einem kleinen Örtchen im Landkreis Oberhavel, rund 500 Hektar einer ehemaligen LPG gekauft und auf den Feldern Spargel angepflanzt. Die ersten Stangen wurden in diesem Jahr geerntet, im kommenden Jahr rechnet Betriebsleiter Gregor Hufmann damit, den vollen Ertrag erzielen zu können. Dann würden Hufmann zufolge, der für den Inchenhofener Spargelbauern Josef Lohner arbeitet, pro Tag 40 Tonnen der weißen Stangen geerntet werden. Am Ende einer Saison könnte der Betrieb auf 3500 Tonnen kommen.
Die Anbaufläche Lohners entspricht einem Drittel der gesamten Beelitzer Anbaufläche. Mit dem bayrischen Spargelbaron kann in Brandenburg nur der Beelitzer Großbetrieb Buschmann & Winkelmann mithalten. Er kommt auf 600 Hektar Fläche. Der Großteil der 16 Beelitzer Spargelbetriebe ist viel kleiner, bewirtschaftet meist 30 bis 40 Hektar, heißt es vom Beelitzer Spargelverein.
Mit zunehmender Sorge beobachtet man in Beelitz den Konkurrenten aus dem nördlichen Brandenburg. Zumal der Markt für Spargel in Brandenburg und Berlin mittlerweile gesättigt ist. „Schauen Sie mal in die Supermärkte, da gibt es nach Pfingsten ein Überangebot“, sagt der Spargelbauer Jürgen Jakobs. Auf dem Berliner Großmarkt werde derzeit der Spargel für 80 Cent das Kilo gehandelt. Das schmerzt, sagt Jakobs und ist froh, dass er sich nicht vom Großmarkt die Preise diktieren lassen muss.
Viele der Beelitzer Spargelbauern setzen auf den direkten Vertrieb. Die Flaute nach Pfingsten gebe es in fast jeder Saison, auch wenn zu Saisonbeginn die Nachfrage nach den wenigen Stangen groß war. Dass jetzt auch in Oberhavel das Edelgemüse gestochen werde, „das merken wir diese Saison noch nicht“, sagt Jakobs. „Aber Herr Lohner ist eine ernst zu nehmende Konkurrenz.“
Jakobs befürchtet einen Verdrängungswettbewerb. Je mehr Anbieter es auf dem Markt gebe, umso mehr mache sich das an den Preisen bemerkbar. „Das Nachsehen haben kleinere Betriebe, die sich Investitionen wie eine Spargelsortiermaschine nicht mehr leisten können“, und dann mit Marktpreisen nicht mehr mithalten könnten. Jakobs befürchtet auch, dass Kundenbindung und Marke des Beelitzer Spargels nicht alles wettmachen werde.
Spargelbauer Jakobs, der mit zu den größeren in Beelitz gehört, gibt sich dennoch kämpferisch. „Wir müssen uns unserer Haut erwehren.“ Im Notfall müsse man sich eben andere Märkte suchen – Buschmann & Winkelmann würden bereits grünen Spargel nach England exportieren, weil der dort sehr gefragt sei.
Warum Spargelbauer Lohner neben seinen Betrieb in Bayern und Polen, wo er je auf 500 Hektar die weißen Stangen anbaut, seine Fühler ausgerechnet nach Brandenburg ausgestreckt hat, weiß keiner so genau. In Beelitz wird viel gemunkelt. Fragt man Lohners Betriebsleiter Hufmann, antwortet er ausweichend: Das habe sich so ergeben. Und dann fügt er mit einem Lachen hinzu: „In Brandenburg isst man eben sehr gerne Spargel.“
Hufmann erntet derzeit Spargel auf 350 Hektar. Der Großteil der edlen Stangen werde in Brandenburg verkauft: an Gastronomie, Lebensmitteleinzelhandel, Großhandel. Auch Händler am Straßenrand würden Lohners Spargel verkaufen. Die Sorge der Beelitzer kann Hufmann nicht nachvollziehen: „Wir sind keine Unter-Preis-Verkäufer.“ Auch eine Schwemme des Edelgemüses werde es nicht geben, dafür sei das Produkt viel zu teuer zu produzieren. Hufmann verweist auch auf den Mindestlohn. Spargel zu Spottpreisen könne auch er sich nicht leisten. 700 Saisonarbeiter sollen im kommenden Jahr im neuen Betrieb arbeiten.
Auch der Chef des Gartenbauverbandes Berlin Brandenburg, Andreas Jende, will ab 2017 die Entwicklung durch die neue Konkurrenz „intensiver beobachten“. Jende hält, ähnlich wie Spargelbauer Jakobs, die Marktpotenziale für begrenzt. „Im Verbraucherverhalten wird es keine stärkeren Bewegungen nach oben mehr geben.“ Auch die Möglichkeiten der Direktvermarktung seien nur noch begrenzt ausbaufähig.
Jende sieht als Hilfe für die Kleinen nur den Anschluss an eine Erzeugerorganisation. In Beelitz sei die Spargel und Beerenfrüchte GmbH einst dafür geschaffen worden, um den kleinen Betrieben den Zugang zu überregionalen Absatzmärkten zu ermöglichen. Werde die Konkurrenz größer, müsse man sich vermehrt in andere Bundesländer orientieren. In Sachsen und Thüringen werde nur wenig des gesunden Gemüses angebaut, so Jende.
Mit oder ohne Konkurrenz, Spargelbauern würden sich immer neue Nischen suchen müssen. So steige derzeit die Nachfrage nach grünem Spargel – der Urform des Edelgemüses, das erst gestochen wird, wenn die Stange aus der Erde geschossen ist. Auch geschälter und portionierter Spargel läge neuerdings in vielen Supermärkte-Regalen.
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