Potsdam-Mittelmark: Beelitz zur besten Sendezeit
Zurzeit wird für den neuen Polizeiruf gedreht. Das Beelitzer Rathaus wird wieder zur Wache
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Beelitz – Der Empfang könnte kaum kühler sein: „Sie dürfen hier nicht parken, Frau Lenski, hier ist nur für Dienstfahrzeuge“, schnauzt der Schupo vom Balkon. Die Kommissarin, vom Rang eigentlich höher, ist baff. Parkverbote, Baustellen – wo soll sie ihren Kleinbus sonst hinstellen? Zumal sie offenkundig schwanger ist. Es hilft nichts: Hierzulande steht niemand über dem Gesetz. „Ich stelle ihnen einen Strafzettel aus“, droht Polizeihauptmeister „Wolle“ und verschwindet in die Wache – woraufhin die junge Frau bissig die DDR-Hymne anstimmt und mit Vollgas vom Hof braust.
Augenzwinkernd spielt der neue „Polizeiruf 110“ mit Klischees, die – wohl nicht ganz zu Unrecht – über die märkische Provinz kursieren. Der paragraphenreitende Ordnungshüter hat auf jeden Fall Wiedererkennungswert. Im Potsdamer Umland laufen zurzeit die Dreharbeiten für den zweiten Teil der Krimireihe mit Maria Simon als Ermittlerin. Das Beelitzer Rathaus ist dafür in dieser Woche wieder zur Wache geworden. Für die Handlung des Streifens mit dem Titel „Zwei Brüder“ passt die Kulisse: Es geht um den Mord an einem Pferdezüchter. Mit 16 Reiterhöfen in den Ortsteilen ist die Spargelstadt also für die Ermittlungsarbeit prädestiniert.
Während Olga Lenski und der Provinz- Sherriff, gespielt von Fritz Roth, miteinander zanken, verfolgt Regisseur Nils Willbrandt die Szene. Der Mann mit Basecap hat bereits mehrere Tatort-Filme gedreht. Hier auf dem Lande, sagt er, gehen die Menschen entspannter mit Filmteams um. „In Berlin wird öfter über gesperrte Straßen gemeckert“, sagt er. Auch landschaftlich sei die Arbeit hier draußen reizvoll. „Unser Anspruch: Wir wollen Brandenburg in all seinen Kontrasten zeigen.“
Das 30-köpfige Team der Produktionsfirma Studio Hamburg hat nur 22 Tage Zeit für die Dreharbeiten. Angefangen wurde Ende Mai in Satzkorn, weiter geht es Montag in Nudow. Beides typisch märkische Orte, die namentlich jedoch nicht erwähnt werden. Die Beelitzer mussten sogar die Stadtfahne vom Rathaus holen. Die meisten Einwohner arrangieren sich mit dem Set in der Altstadt, auch wenn Parkplätze blockiert werden oder man als Passant weitergewinkt wird. Statt zu mosern, schauen sie interessiert zu. Verwirrung herrscht nur, weil über der Rathaustür nun ein blaues Polizeischild prangt. „Wo ist denn jetzt die Stadtverwaltung?“, hat jemand beim Bäcker gefragt.
Die arbeitet am gleichen Ort weiter – wenn auch mit Einschränkungen. So ist der Ratssaal zur Filmkantine geworden, Bürgermeister Bernhard Knuth musste sein halbes Amtszimmer als Küche zur Verfügung stellen. „Das Einwohnermeldeamt ist dieses Mal gleich in den ersten Stock gezogen“, erzählt Knuths Sekretärin Martina Grimm in ihrem Büro. Sie ist sichtlich stolz, dass ihre Arbeitsstätte ins Fernsehen kommt. Dafür springt Frau Grimm gern auch als Komparsin ein.
Mehr Erfahrung als Akteur im Hintergrund hat Manfred Riehemann. Der elegante ältere Herr aus Potsdam hat sich in der Drehpause auf einer Bank niedergelassen. Er erzählt, dass er schon in Dutzenden Produktionen durchs Bild gelaufen ist. „Mit Tom Cruise habe ich gedreht, und mit Brad Pitt.“ So sieht man ihn zum Beispiel als Wehrmachtsgeneral in Quentin Tarantinos „Inglorious Basterds“ – freilich nur, wenn man gut aufpasst. 70 Aufträge hatte er allein 2010 gehabt. „Was man da an Leuten kennenlernt, ist Wahnsinn“, schwärmt Riehemann. Die Gage betrage zwar nur 55 Euro am Tag, „aber davon kann ich meine Golfstunden bezahlen“, lacht er.
Die Aufnahmen gehen weiter. „Und bitte!“, ruft Nils Willbrandt. Maria Simon, die mit Kissen unter der Bluse agieren muss, steigt schwerfällig aus dem Wagen, blickt zum Balkon – und hält mitten im Satz inne. Sie hat gesehen, dass die Kamera von der Autoscheibe reflektiert wird. Die Klappe fällt erneut – aber nun läuten die Kirchenglocken. Anderthalb Stunden dauert es, bis die gesamte Sequenz im Kasten ist. Im Film wird sie nicht einmal eine Minute dauern. Viel Zeit bleibt nicht für Beelitz – aber der Platz zur besten Sendezeit ist garantiert.
„Zwei Brüder“ läuft am 13. November um 20.15 Uhr im Ersten. Am 26. Juni läuft der erste Polizeiruf mit Maria Simon, Horst Krause und Beelitz an gleicher Stelle.
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