Potsdam-Mittelmark: Bekämpfung von unten
Kein Helicoptereinsatz in Schwielowsees Siedlungen gegen den Eichenprozessionsspinner
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Schwielowsee - Es ist die wirksamste Methode, um den Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen: die Befliegung der befallenen Bäume. Für Schwielowsees Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) wäre es die Methode der Wahl gewesen, um der Schmetterlingsraupe, die sich seit drei Jahren im Gemeindegebiet verbreitet, auf den Pelz zu rücken. Auch Fachleute halten diesen Weg für den wirksamsten. „Wir werden dafür aber keine Genehmigung vom Landkreis bekommen“, sagte Hoppe gestern gegenüber den PNN.
Landrat Wolfgang Blasig (SPD) habe es wegen der fehlenden Rechtssicherheit abgelehnt, eine Erlaubnis dafür zu erteilen. Auch von Brandenburgs Landesregierung sei keine Verfügung zu erwarten. „Wir werden den Eichenprozessionsspinner deshalb vom Boden aus bekämpfen müssen“, so Hoppe. Die Methode sei zwar weniger erfolgversprechend. Ein weiteres Abwarten sei aber nicht mehr möglich, für die Bekämpfung gibt es im Frühjahr nur ein enges Zeitfenster.
Entlang der Gemeindestraßen seien etwa 2500 Eichen von dem Schädling befallen, der auch für den Menschen gefährlich sein kann: Larvenhäute und Haare der Raupe können auch im vertrockneten Zustand noch toxische Haut- und Schleimhautreizungen bis hin zu schwersten Asthmaanfällen hervorrufen. Kaum eine Kommune im Land ist so massiv befallen wie Schwielowsee. Dutzende Beschwerden von Anwohnern und Gästen hat es im vorigen Jahr gegeben. In diesem Jahr will die Gemeinde deshalb 30 000 Euro für die Bekämpfungsaktion aufwenden.
Um den Großeinsatz vom Boden möglichst effizient zu gestalten, bittet das Rathaus die Bürger um Mithilfe: Möglichst viele private Eigentümer sollen sich an der Aktion beteiligen. „Sie müssen das zwar selber bezahlen, aber die Gemeinde würde die Koordinierung übernehmen“, so Bürgermeisterin Hoppe. Nur durch eine zentrale Bekämpfung aller Befallsbäume habe die Aktion überhaupt eine Chance. Im nächsten Havelboten soll ein Erhebungsbogen veröffentlicht werden, der durch die Grundstückseigentümer ausgefüllt werden kann.
Nach Angaben aus dem Infrastrukturministerium wurde das hochwirksame Biozid Dipel ES per Hubschrauber im vorigen Jahr auf 770 Hektar Eichenwald eingesetzt, auch Waldflächen rund um Ferch wurden beflogen. Anders als die Forstverwaltung können die Kommunen den Schädling derweil bislang nur mit Hebebühnen von unten bekämpfen. Die Befliegung mit Dipel ES, die Anfang Mai erfolgen muss, ist in Siedlungsbereichen und auf Straßen laut Pflanzenschutzrecht untersagt. Auch Dipel ES kann sensible Hautreaktionen hervorrufen – nichts gegen die toxischen Reaktionen, die der Eichenspinner auslösen kann.
Vereinzelt setzt sich eine Rechtsauffassung durch, die auch der Städte- und Gemeindebund vertritt: Was den Schädlingsbefall in Siedlungsbereichen angeht, sei nicht das Pflanzenschutz-, sondern das Gesundheitsschutzrecht anzuwenden. So hat es auch der Landkreis Havelland gesehen, in dem im vergangenen Jahr an zweieinhalb Tagen Straßen Parks, Grünflächen und Alleen abgeflogen wurden. Die Bereiche wurden für die Aktion kurzzeitig gesperrt. Beschwerden über den Eichenprozessionsspinner hat es seitdem kaum noch gegeben. Henry Klix
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