Potsdam-Mittelmark: Belastbar und ungeliebt
Am Bahnhof Wilhelmshorst kann jetzt der neue Tunnel genutzt werden / „Kleine Bühne“ will in den Bahnhof
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Michendorf · Wilhelmshorst - Nach einer tagelangen Vollsperrung rollen jetzt wieder die Züge am Bahnhof Wilhelmshorst. Der neue Personentunnel wurde eingeschoben und kann mit provisorischen Zugängen bereits genutzt werden. Auch eine Beleuchtung wurde installiert. Im Februar 2008, so die Zielstellung der Deutschen Bahn, sollen die Arbeiten endgültig beendet werden.
Parallel zum Neubau ist dieser Tage auch der alte 1915 gemeinsam mit dem Bahnhof errichtete Tunnel abgerissen worden – trotz vieler Proteste der Wilhelmshorster. Vergeblich hatten Ortsbeirat und Gemeindevertretung interveniert und mit Hinweis auf den Denkmalschutz eine Sanierung der historischen Unterführung gefordert. Die Vertreter der Bahn argumentierten jedoch, dass die Strecke für Tempo 160 ausgebaut werden solle und die Statik des alten Tunnels für Belastungen mit Hochgeschwindigkeitszügen ungeeignet sei.
Als Fortsetzung des Arkadengangs, von dem aus der Bahnsteig zugänglich ist, bilde die alte Unterführung mit dem vom Berliner Architekten Albert Gessner errichteten Bahnhofsgebäude eine Einheit, hatten die Vertreter der Gemeinde ins Feld geführt. Die Denkmalschutzbehörde des Landkreises gab jedoch der DB AG recht und räumte ein, dass der Erhalt des Tunnels für die Bahn einen „unzumutbaren Mehraufwand“ bedeuten würde. „Zusätzlich zur Sanierung wären Bauwerksverstärkungen vorzunehmen, die dem Kostenvergleich zum Neubau nicht standhalten würden und eine Beeinträchtigung des Originalbestandes zur Folge hätten“, hieß es seitens der Denkmalschutzbehörde.
Eigentümer hätten zwar die gesetzliche Pflicht, Denkmale „im Rahmen des ihnen Zumutbaren“ zu schützen. Eine Herrichtung des alten Tunnels stelle aber einen finanziellen Mehraufwand von 200 000 Euro dar und bringe eine Gefährdung des Bahnhofsgebäudes mit sich, da umfangreiche Fundamenteingriffe zu erwarten seien. Die Bahn wurde lediglich verpflichtet, den Abschluss des Tunnelneubaus so tief zu legen, dass er nicht den Blick auf den Bahnhof stört. Die Einfassung des alten Tunnels muss erhalten und instand gesetzt werden.
Das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude, einst von den Wilhelmshorster Bürgern selbst finanziert, spielt in den Plänen der DB AG keine Rolle mehr und soll verkauft werden. Der Gemeinde, die dann Vorkaufsrecht hätte, liegt jedoch noch kein Angebot vor. Interesse an der Nutzung des Gebäudes gibt es bereits. Entsprechende Anfragen kamen von Vertretern der zum 100-jährigen Ortsjubiläum gegründeten „Kleine Bühne Wilhelmshorst“ und vom ortsansässigen Grafiker Manfred Rößler. ldg/rs
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