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Potsdam-Mittelmark: Bernstein für den Hund
In Werder tragen Vierbeiner Halsbänder mit dem fossilen Harz, die gegen Zecken helfen sollen
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Werder (Havel) - Das Glück liegt auf der Straße, so heißt es im Volksmund. Wenn es um Bernstein geht, dem fossilen Harz, liegt das Glück eher versteckt unter Strandgut oder in der salzigen Meeresbrandung an Ost- und Nordsee. Als Schmuckstein ziert so manche Bernsteinkette nicht nur die Hälse modebewusster Damen, sondern mittlerweile auch die ihrerer Hunde.
Juliane Saß aus Werder (Havel) hatte sich bislang weniger Gedanken um das Halsband ihrer einjährigen Boxerhündin Nova gemacht. Ein Hund braucht eben ein Halsband, zur Befestigung der obligatorischen Hundemarke und der Leine. Ein Spaziergang änderte ihre Meinung allerdings schnell. „Als ich mit Nova unterwegs war, traf ich eine Dame, deren Hund ein Bernsteinhalsband trug“, sagt Saß. Vom Frauchen erfuhr sie, dass jenes Accessoire für den geliebten Vierbeiner nicht nur modische Aspekte habe, sondern auch einem schlichtweg praktischen Zweck diene. „Es soll angeblich gegen Zecken helfen“, so Saß.
Das Thema ließ sie nicht los. Im Internet recherchierte sie, was es mit den Fähigkeiten des Bernsteins auf sich haben soll. „Da liest man viel“, sagt sie. „Die einen meinen, es funktioniere ganz wunderbar, andere sagen, es sei Quatsch und völlig wirkungslos.“
So vielfältig die Meinungen zum Thema ausfallen, so umfangreich ist auch das Angebot an Bernsteinhalsbändern. Tatsächlich sind sie beinahe überall im Zooladen um die Ecke und natürlich im Internet zu bekommen.
Wer Hunde hat oder Katzen, die viel draußen herumstreunen, kennt das Problem: Irgendwann haben Bello und Co. Zecken genau da, wo sie nicht sein sollen. Hinterm Ohr, am Bauch, auf der Schnauze. Zecken übertragen Krankheiten, auch auf Tiere. Daher sollten die blutsaugenden Schmarotzer entfernt werden.
Damit es gar nicht erst dazu kommt, hat sich die Industrie einiges ausgedacht. Neben dem altbekannten Floh-Halsband gibt es mittlerweile komfortablere Methoden, die Abwehr der Haustiere in Stellung zu bringen. „Wir haben Nova immer gespottet“, sagt Juliane Saß. Beim sogenannten Spotten wird eine mit einem chemischen Wirkstoff gefüllte Pipette auf die Haut des Tieres entleert. Nach wenigen Stunden verteilt sich der Wirkstoff über den gesamten Körper des Tieres und soll dann vor Zecken, Flöhen und anderen Parasiten schützen. „Wir haben das einmal im Monat gemacht“, sagt Saß. „Das sind dann regelmäßig zehn bis zwölf Euro für das Zeckenschutzmittel.“
Es ist teuer und es ist Chemie. Das wollte sie dem Hund und auch ihrem kleinen Kind, das ihn ständig streichelt, nicht antun. „Ich dachte mir, was soll’s, einen Versuch ist die Sache mit dem Bernstein allemal wert“, so Saß. Sie musste sich jedoch nicht bücken und mit Harke und Eimer im Strandsand stochern, um an die gelben Schmucksteine zu kommen. „Ich hab mir einfach eine Kette gekauft.“ Immerhin hat sie dafür rund 40 Euro berappt.
Wie funktioniert Bernstein nun als Abwehrmittel? Es gibt zwei Theorien. „Einerseits werden ätherische Öle freigesetzt, die die Zecken nicht mögen“, sagt Saß. „Eine andere Möglichkeit sei die elektrostatische Aufladung der Steine, durch die ständige Reibung am Fell, die dafür sorgen soll, die Zecken fern zu halten.“ Tatsächlich berufen sich Hersteller und Anbieter dieser Ketten auf eben jene Wirkungsweisen, ohne gleich ins Esoterische abgleiten zu müssen. Es klingt ja auch irgendwie plausibel.
Es ist nur so, Zecken können nicht riechen, ihnen fehlt schlichtweg die Nase. Sie können laut Robert-Koch-Institut lediglich die Wärme der Wirte spüren, die im Schweiß enthaltene Buttersäure und Amoniak, sowie Kohlendioxid, das durch den Atem entsteht, wahrnehmen. Eine Reaktion auf Bernstein wäre durchaus bemerkenswert, denn dann müsste es ab sofort zu den natürlichen Feinden der Zecke zählen. Die Sache mit der elektrostatischen Aufladung stimme jedoch. Ein aufgeladener Bernstein zieht aber kleinste Partikel, wie Staub und Flusen an. Zecken, die noch nicht gestochen haben, sind durchaus sehr klein und leicht.
Boxerhündin Nova ist die Diskussion egal. „Sie trägt das Halsband, wie jedes andere“, sagt Saß. Auch die Hundehalterin ist glücklich. Der Wissenschaft zum Trotz ist Nova mit dem neuen Halsband bisher nicht nur zeckenfrei. Das Halsband passt auch farblich zum Fell. Björn Stelley
Björn Stelley
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